DIE LINKE. verliert zwei Drittel ihrer WählerInnen. Piraten ziehen in den Landtag ein.
Kommentar von Edith Bartelmus-Scholich
Aus der Landtagswahl in Schleswig-Holstein ist keine der größeren Parteien als klare Siegerin hervorgegangen. Bei um ca. 13 Prozent eingebrochener Wahlbeteiligung wurde die CDU von ca. 31 und die SPD von ca. 30% gewählt. Dabei musste die CDU leichte Verluste hinnehmen, die SPD konnte sich um 4,5% steigern. Damit bleiben die Sozialdemokraten jedoch weit hinter ihren Erwatungen von 40% zurück. Auch ihr erklärtes Wahlziel eine rot-grüne Regierung zu bilden, erreichten sie nicht. Eine große Koalition unter Führung der CDU könnte nun die Höchststrafe für die SPD werden, falls eine Dreier-Koalition mit den GRÜNEN und der Partei der dänischen Minderheit, SSW, scheitern sollte. Auch bei gutem Willen aller Beteiligten ist hier noch nichts in trockenen Tüchern, denn zur Stunde hätte eine solche Regierung im Landtag die hauchdünne Mehrheit von einer Stimme.
GRÜNE und SSW konnten leicht zulegen und erreichten 13, 3 (GRÜNE) und 4,6 Prozent. Als weitere Partei mit sozialliberalem Profil zieht erstmals die Piratenpartei in den Landtag ein. Sie könnte möglicherweise eine rot-grüne Landesregierung tolerieren.
Die PIRATEN sind auch die wirklichen GewinnerInnen der Landtagswahl. Sie verbesserten sich um knapp 7% auf 8,5% und ziehen mit sechs Abgeordneten in das Landesparlament ein. Klare Verlierer der Landtagswahl sind die FPD und die Partei DIE LINKE. Die FDP musste mit 6,8% die größten Verluste hinnehmen, konnte sich aber dennoch mit 8,1% im Landtag halten. DIE LINKE verlor 3,8% und damit zwei Drittel ihrer WählerInnen von 2009. Konkret gab DIE LINKE 22.000 Wählerstimmen an andere Parteien ab, darunter 8000 an die SPD und 6000 an die Piratenpartei. 37.000 ehemalige LinkswählerInnen gingen gar nicht mehr zu Wahl. Dadurch erhielt DIE LINKE nur noch 2,2% der Stimmen und nähert sich wieder den Ergebnissen an, die die PDS vor 2007 in Schleswig-Holstein verbuchen konnte.
Grundsätzlich zeigt sich im gleichzeitigen Rückgang der Stimmen von FDP und Linkspartei sowie dem Aufwind von SPD, GRÜNEN und Piratenpartei, dass die Mehrheit der WählerInnen nach einer Phase starker Polarisierung, deren Höhepunkt 2009 war, einen sozialliberalen Kurs umgesetzt sehen wollen. Diese Tendenz zeigte sich bereits bei der Landtagswahl in Berlin 2011 und wird von dem heutigen Ergebnis unterstrichen.
Wahlentscheidende Themen waren die Internationale Schuldenkrise, der Schuldenstand im Land sowie die soziale Gerechtigkeit. Es ist schon überraschend, dass die SPD als Partei von Agenda 2010, den Hartz-Gesetzen und der Rente mit 67 in der Frage der sozialen Gerechtigkeit allen anderen Parteien in den Umfragen davon eilte. 49% der BürgerInnen sehen hier immer noch die besondere Kernkompetenz der SPD.
Nachdenklich macht aber auch, dass der Partei DIE LINKE in Schleswig-Holstein in Umfragen nur von 5% der BürgerInnen besondere Kompetenz in der Frage der sozialen Gerechtigkeit bescheinigt wurde. Auch bei dem Thema „angemessene Löhne“ wurde der LINKEN in Schleswig-Holstein nur von 4% der BürgerInnen Kompetenz bescheinigt. Ihr desaströses Ergebnis erklärt sich hieraus und aus der Abgabe des Images der Protestpartei an die PIRATEN.
Edith Bartelmus-Scholich, 6.5.2012