von Helga Ebel
Humanressource 'Frau'
Am 18. September konnten etwa 90 Fachleute und interessierte Bürger unter Federführung von Experten aus der Familienpolitik nach einem Vortrag über eine Befragung in neun Kommunen der StädteRegion in gut organisierten Workshops „Methoden und Strategien zur Stärkung von Familien und zur Schaffung familienfreundlicher Rahmenbedingungen praxisnah diskutieren und formulieren“.
Es ging um Familienfreundlichkeit als Standortfaktor. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll dem ökonomischen Zweck dienen, das Humankapital ‚Frauen‘ zu nutzen und zugleich der Verringerung der Geburtenraten entgegenwirken.
Eigentlich hat der demografische Wandel nichts mit Familienfreundlichkeit zu tun. Unabhängig von einer älter werdenden Gesellschaft sollen Familien gutes Leben haben. Dazu wäre entscheidend, dass Erinnerungen an Quellen unseres Lebens, Kultur, Traditionen, soziale Errungenschaften nicht vollends getilgt werden von Eventisierung und Ökonomismus.
Die Befragung an der sich 2700 Familien in der StädteRegion beteiligt hatten, hatte so Erstaunliches zutage gebracht, wie beispielsweise, dass Alleinerziehende, Zuwandererfamilien und Kinderreiche mehr Unterstützung brauchen und für ältere Kinder und Jugendliche Treffpunkte fehlen. Wer hätte das gedacht?
Sogenannte „Bedarfsgemeinschaften“, die über 50 000 Menschen, die von Hartz 4-Geld in der Städteregion leben müssen, kamen in dem Bericht des von der StädteRegion beauftragen Unternehmen „Faktor Familie GmbH“ aus Bochum nicht vor. Vermutlich gehörten die Betroffenen nicht zu den Familien, die die Fragebögen ausgefüllt hatten. Wozu auch hätten sie chronische Geldnot, den Kampf um Übernahme von Heizkosten, um Brillen, die Anschuldigungen (zum Teil aufgrund anonymer Briefe) und Sanktionsandrohungen, den generellen Missbrauchsverdacht und krankmachende offene Verachtung noch dokumentieren sollen?
Im Fokus des Demografieforums war das Erwerbspotenzial von Frauen, die in die Gesellschaft integriert sind und die für deren Funktionieren unerlässlich sind: Familien als „begehrte Zielgruppe“ reduziert auf Sozialaggregate wo gegenseitige Dienstleistungen erbracht werden („Geben und Nehmen“) und um Ehrenamtlichkeit.
Das Fazit aus den Workshops laut der Amtsleiterin Dr. Nina Mika-Helfmeier am Ende der Veranstaltung: «Familien wünschen sich deutlich mehr Netzwerkarbeit, und das über alle Generationen hinweg» wirft die Frage auf, ob hier nicht Familien wollen was sie sollen, nämlich mithalten um jeden Preis.
Überzeugender sind Erkenntnisse aus internationalen Erhebungen der Wissenschaftler Richard Wilkinson und Kate Picket (‚Gleichheit ist Glück‘), die herausgefunden haben, dass nicht durch Ökonomisierung Lebensverhältnisse verbessert werden, sondern durch Verringerung der Ungleichverteilung. Dies konnte in den Kategorien Niveau an Vertrauen, psychische Erkrankungen, Alkohol- und Drogensucht, Lebenserwartung und Säuglingssterblichkeit, Fettleibigkeit, schulische Leistungen der Kinder, Teenager-Schwangerschaften, Selbstmorde, Zahl der Gefängnisstrafen, soziale Mobilität mit den erhobenen Daten aus vielen Ländern bewiesen werden.
Es sollten eben die richtigen Fragen gestellt werden. Marketingunternehmen scheinen dazu denkbar ungeeignet zu sein, wenn es um gutes Leben in der StädteRegion gehen soll.
„Eine Kommune für alle“ wäre eine prima Alternative gewesen.
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VON: HELGA EBEL