In Marokko sollen sieben Menschenrechtler aus der marokkanisch besetzten Westsahara vor ein Militärtribunal gestellt werden.
Von Salama Zeyou
Sieben Menschenrechtler wurden nach einem Besuch der sahrauischer Flüchtlingslager in Südalgerien, wie erst jetzt bekannt wurde, am 8. Oktober auf dem Flughafen von Casablanca von marokkanischen Sicherheitskräften verhaftet.
Vier Tage lang sind sie mit verbundenen Augen an einem unbekannten Ort festgehalten worden, bevor ihre Angehörigen über die Festsetzung informiert wurden.
Am 15. Oktober hat ein Richter in Casablanca ihr Verfahren an ein Militärgericht überwiesen, dass die Menschenrechtler jetzt wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" und der "Zusammenarbeit mit dem Feind" den Prozess machen will. Ihnen drohen jetzt lebenslange Strafen oder die Hinrichtung.
Ihr einziges Verbrechen: sich für Menschenrechte in der Westsahara einzusetzen.
Der Polisario-Chef und Exil-Präsident der Demokratischen Arabischen Republik Sahara (DARS), Mohamed Abdelaziz, appellierte am Samstag in einem Schreiben an UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon an die Vereinten Nationen, von der Regierung in Rabat die sofortige Freilassung der "Entführten", sechs Männern und einer Frau, zu verlangen. Die Polisario-Aktivisten waren nach Algerien gereist, wo die DARS-Regierung in Tindouf ihren Exilsitz hat.
Verhaftet und unter Anklage eines marokkanischen Militärgerichtes wurden folgende Zivilisten gestellt:
1. Brahim Dahane, Präsident des saharauischen Opfervereinigung (ASVDH);
2. Ali Salem Tamek, 1. Vizepräsident der saharauischen Gesellschaft zur Verteidigung der Menschenrechte (CODESA) und Mitglied der Marokkanischen Gesellschaft für Menschenrechte (AMDH);
3. Ahmad Anasiri, Generalsekretär des saharauischen Komitee für die Verteidigung der Menschenrechte in Smara und Präsident der AMDH;
4. Frau Dagja Lachgar, Mitglied des Executive Büros der ASVDH;
5. Yahdih Ettarouzi, Mitglied der AMDH;
6. Saleh Lebayhi, Präsident des Forums für den Schutz des saharauischen Kinder und Mitglied der CODESA und der AMDH;
7. Rachid Sgayar, Mitglied des Komitees "Aktion gegen Folter".
Jahrzehntelang ungelöst - der Westsahara-Konflikt
Die Westsahara wurde nach dem Abzug der spanischen Kolonialmacht 1975 zunächst zwischen Marokko und Mauretanien aufgeteilt. Marokko besetzte schließlich das gesamte Territorium, nachdem Mauretanien 1979 mit der von der Polisario ausgerufenen Demokratischen Arabischen Republik Sahara einen Friedensvertrag geschlossen und sich aus dem südlichen Teil zurückgezogen hatte. Mehr als 800 Sahrauis seien unter marokkanischer Besetzung in den letzten 20 Jahren "verschwunden".
Mindestens 32 Sahrauis sind derzeit aus politischen Gründen in Marokkos Gefängnissen inhaftiert. Seit der Vertreibung aus ihrer Heimat Westsahara vor über 33 Jahren müssen mehr als 300.000 Saharauis unter extrem harten Bedingungen in vier Flüchtlingslagern in der algerischen Wüste ausharren.
Die Menschen sind komplett abhängig von internationaler Hilfe. Die UNO-Flüchtlingshilfe, der Partner des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) in Deutschland, hat vor Ort bereits vier UNHCR-Hilfsprogramme unterstützt, unter anderem ein Familienbesuchsprogramm zwischen Algerien und der Westsahara für seit über drei Jahrzehnten getrennte Flüchtlingsfamilien und ein Schulprojekt für Tausende saharauische Kinder.
Im vergangenen August hatten in Österreich unter UNO-Schirmherrschaft informelle Westsahara-Gespräche zwischen Bevollmächtigten der marokkanischen Regierung und der Polisario stattgefunden. Die von Algerien unterstützte Polisario nahm den bewaffneten Kampf auf, der 1991 mit einem von den Vereinten Nationen vermittelten Waffenstillstand beendet wurde.
Marokko widersetzt sich der Durchführung des von den Vereinten Nationen geforderten Selbstbestimmungs-Referendums in dem besetzten Territorium. Während die in Algerien etablierte Exilregierung der DARS dem vom ehemaligen US-Außenminister James Baker ausgearbeiteten Referendums-Plan zugestimmt hatte, wurde dieser von Marokko abgelehnt. Der Baker-Plan sah vor, die Bevölkerung bis 2008 in einem Referendum darüber entscheiden zu lassen, ob sie die volle Unabhängigkeit will oder zu Marokko gehören möchte.