von Georg Korfmacher - München
Das Interview mit seinem Ordensbruder hat eingeschlagen wie ein fulminanter Blitz. Weltweit und schlagartig verbreitet, konnte es auch keiner kürzen, schönen, verdrehen.
In einem Rundumschlag hat der Pontifex der Catholica seine Sicht und Intentionen offen dargelegt.
Die einen schluchzen vor Freude, die anderen schlucken vor Unbehagen. Der vom Papst aufgezeigte Weg der Hoffnung kann jetzt nur noch gegen ihn umge- leitet werden.
Seit seinem Erscheinen beherrscht das Papstinterview die Schlagzeilen gerade der säku- laren Presse in der gesamten Welt, während die üblichen Sprachrohre der Catholica entweder scheu flüstern oder allenfalls Unwichtiges zitieren. Das Superkonzentrat des Papstinterviews wird die Welt, katholisch oder nicht, noch lange beschäftigen.
Damit hat der neue Pontifex der Catholica nicht nur eine Franziskanische Wende einge- leitet, sondern vor allem dem Papst in der Welt eine Autorität wiedergegeben, die seine Vorgänger durch Egozentrizität, Verliebtheit ins Zeremoniale, die Gläubigen und auch andere abstossenden Dogmatismus und Habitus ad absurdum geführt hatten. Insbesondere den Dogmatikern und Beharrungskonservativen hat es die Sprache schier verschlagen.
Erstens haben sie die Papstworte überfallartig überrascht, bei aller „Geleertheit“ traf es sie geradezu unvorbereitet, und zweitens haben sie der Einfachheit und Direktheit der Sprache ihres Pontifex nichts entgegenzusetzen. Und schliesslich hat der Pontifex eine Veröffentlichungsform gewählt, die bisher nicht nur nicht üblich, sondern gar unmöglich war.
Über die ohnmächtig wirkende Kurie hinweg wird diese Papstbotschaft weltweit und unüberhörbar von einer starken Ordengemeinschaft getragen, die schon oft kein Blatt vor den Mund genommen hat. Letztes Beispiel in Deutschland: der Jesuit in Berlin, der die Missbrauchskandale in der Catholica schonungslos aufgedeckt hat.
Vor der Lektüre von Einzelkommentaren sei die des Original-Interviews empfohlen.
www.americamagazine.org/pope-interview
"Stimmen der Zeit": Interview mit Papst Franziskus
www.stimmen-der-Zeit.de/zeitschrift/online_exklusiv/details_html?k_beitrag=3906412
Dabei lohnt es sich, das Original in Englisch zu lesen. Offenbar bewusst ist das Papst-Interview in dieser Weltsprache zuerst veröffentlicht worden, vorbei an allen Instanzen des Vatikans.
Spätestens seit diesem September muss so mancher Kirchenmann wie Laie seine Halt- ung überprüfen. Der Weg von Prunk, Protz und Karriere hin zur Nächstenliebe und Barm- herzigkeit wird gerade in Deutschland für viele Primaten und Prälaten entbehrungsreich und schmerzhaft.
Der papa emeritus hat zwar den Reichtum der deutschen Catholica angeprangert, residiert aber gleichwohl von vier Damen wohlbehütet in einem komfortablen Kloster ganz allein, während der papa electus bescheiden in einem Zimmer des vatikanischen Gästehauses lebt. 'Honi soit qui mal y pense.'*
*'Beschämt sei, wer schlecht darüber denkt'
www.georgkorfmacher.com
VON: GEORG KORFMACHER - MÜNCHEN