Gespräche über angebliche Wohnungsvergabe – eine Farce
17.08.13
Bewegungen, Soziales, Sachsen-Anhalt, News
von Flüchtlinge des Protestcamps in Bitterfeld
Stellungnahme zu dem Treffen am 15.August in Friedersdorf und Marke
Wir als Flüchtlinge des Protestcamps Bitterfeld fühlen uns verpflichtet die Farce der Ausländerbehörde, des Sozialamtes und der Euro-Schulen in Bitterfeld aufzudecken.
Am 15. August sind wir, gemeinsam mit solidarischen Flüchtlingen aus Berlin und Brandenburg, zu den vom Sozialamt und der Ausländerbehörde Bitterfeld angekündigten Treffen mit den Bewohnern der sogenannten “Gemeinschaftsunterkünfte“ Marke und Friedersdorf gefahren, um zu erfahren wie das,viel umworbene neue Projekt der Unterbringung aussehen soll.
Anwesend zu diesen Gesprächen waren Herr Tiefenbach (Ausländerbehörde Bitterfeld), Frau Richter (ESO Bitterfeld) und Herr Braunsdorf (Sozialamt Bitterfeld). Sie haben geworben für ein neues Konzept der Unterbringung in sogenannten „Wohngruppen“ in Bitterfeld-Wolfen. Es soll angeblich ein ergänzendes Konzept der Unterbringung zu den vorhandenen „Gemeinschaftsunterkünften“ Friedersdorf und Marke sein.
Das die Flüchtlingslager für uns keine Option sind, und wir in diesem Konzept der Unterbringung eine menschenunwürdige Unterbringung sehen, haben wir schon oft klargemacht.
Die Farce der Unterbringung in „Wohngruppen“ besteht für uns darin, dass die Voraussetzung für diese Unterbringungsform, welche die Menschen erfüllen müssen praktisch für keine/n der BewohnerInnen aus den zwei Flüchtlingslagern erfüllbar sind.
Die Voraussetzungen sind außerdem geltendes Recht (siehe §2 AsylbLG). Das heißt konkret, dass Menschen mit diesen Voraussetzungen sowieso das Recht auf eine eigene Wohnung haben.
Die Voraussetzungen sind sehr stark von der Willkür der Ausländerbehörde abhängig. Zum Beispiel bestimmt die Ausländerbehörde, ob die Mitwirkungspflicht gegeben ist, genauso wie sie bestimmt, ob die Personalien korrekt angegeben worden sind oder konnten. Auch der zweite Punkt ist bei den meisten Menschen unerfüllbar, denn bei welcher Person ist schon zu sagen das der “Vollzug der Ausreiseverpflichtung […] längerfristig nicht zu rechnen“ ist?
Die Menschen, die unter diesen Umständen leben (konkret Duldung), müssen diese mindestens alle 3-6 Monate verlängern lassen. Bedeutet das dann „längerfristig nicht zu rechnen“? Die Voraussetzungen sind so formuliert, dass sie viel Spielraum für Willkür bieten, sodass diese von den wenigsten Personen im Landkreis Bitterfeld erfüllt werden könnten, nicht einmal im gesamten Bundesgebiet könnten diese Voraussetzung von Geflüchteten erfüllt werden. Auf unsere Frage, wie viele Menschen diese Voraussetzungen erfüllen, konnten die anwesenden Personen keine Antwort geben.
Auch auf andere Fragen zum Beispiel, wie groß die Wohnungen sind in welche 4-6 Personen einziehen sollen, konnte uns keine Antwort gegeben werden. Sie haben Listen ausgelegt in denen sich die Menschen eintragen sollten,welche sich vorstellen könnten in eine Wohnung zu ziehen. Wir haben darauf hingewiesen, dass alle Menschen, welche in einem Flüchtlingslager leben müssen selbstverständlich lieber in Wohnungen wohnen würden. Diese Aussage der Flüchtlinge wurde von ihnen negiert.
Auch über andere Probleme, wie z.B. die Kürzungen der Sozialleistungen wollten die Vertreter der Behörden nicht sprechen.
Wir kritisieren außerdem, dass die Behörden ohne Dolmetscher in die sogenannte“Gemeinschaftsunterkunft“ nach Marke gefahren sind, wo sie doch wissen sollten, dass die meisten Menschen die deutsche Sprache nicht beherrschen und auch auf Nachfrage die Aussage trafen, dass sie nicht genug Englisch sprechen könnten um auf Englisch ihr Vorhaben zu äußern, auch in Französisch wäre es nicht möglich.
Generell ist es nicht tragbar, dass Menschen die Tag täglich mit Menschen zu tun haben, welche erst seit kurzer Zeit in Deutschland „leben“, nicht in der Lage sind, sich auf anderen Sprachen als auf Deutsch zu artikulieren.
Auch das Schreiben des Landkreises wurde den BewohnerInnen nur auf Deutsch ausgehändigt. Sie beteuerten das die englische Version nachgeliefert werde, für französisch habe man allerdings niemanden und deshalb wäre dies nicht möglich. Wir empfehlen den Verantwortlichen einen Menschen zu bezahlen, um für sie die Übersetzung in Französisch oder anderen Sprachen zu gewährleisten.
Über die rechtliche Situation sind die Flüchtlinge in Deutschland meistens nicht im Bilde, da es keine rechtliche Beratung gibt. Wie sollen sie dann nachvollziehen können, ob sie die Voraussetzungen erfüllen. Es wäre Aufgabe der Behörde die Menschen darüber aufzuklären. Dessen waren sie allerdings nicht willens oder fähig.
Für uns liegt es nahe, dass dies alles eine Taktik der Behörden ist uns als Flüchtlinge zu spalten und gegeneinander auszuspielen.
Die Farce wird durch den letzten Satz des Schreibens auf die Spitze getrieben in dem es lautet „[...] wenn sie die Voraussetzungen erfüllen […], ergibt sich kein Anspruch auf die Unterbringung in einer Wohngruppe“
Wir sind der Ansicht, dass all das Taktik der Behörden und politisch Verantwortlichen sind, um unseren Protest zu befrieden und die Öffentlichkeit, sowie die Flüchtlinge selbst, zu täuschen.
Aber wir sind nicht dumm und wir lassen uns auch nicht mit Spielchen befrieden!
Wir wollen konkrete und nachvollziehbare Lösungen, sowie Antworten auf offene Fragen! Leere Versprechungen kennen wir zu genüge!
Die Fragen die wir uns stellen sind: - Wie viel Geld ist in das „neue“ Unterbringungsmodell bis jetzt geflossen und wie viel verdienen die Euro-Schulen daran an diesem Konzept mitzuarbeiten?
- Was haben die Verantwortlichen ab Februar gemacht, seitdem nach ihrer Aussage dieses Projekt läuft, wenn sie bis jetzt nur 3 Wohnungen gefunden haben die infrage kommen könnten?
- Wie viel Quadratmeter würden den Menschen in diesen Wohnungen pro Person zustehen?
- Wie viele der aktuell im Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Lagern lebenden Flüchtlinge erfüllen tatsächlich die im Schreiben des Landkreises benannten Voraussetzungen?
- Warum wurde bis heute nicht geprüft, welche Menschen die gestellten Voraussetzungen erfüllen würden?
- Warum wird behauptet, es gäbe nicht genug Wohnraum, wo doch seit Jahren das Viertel Wolfen- Nord stetig abgerissen wird, aufgrund des massiven Leerstandes?
Vielleicht können Pressevertreter unsere Fragen bei der am Montag stattfindenden Pressekonferenz mit dem amtierenden Landrat Herr Böddeker klären. Leider wurden den Flüchtlingen auch nach Anfrage bei den Verantwortlichen, nicht gestattet an dieser Konferenz teilzunehmen.
VON: FLÜCHTLINGE DES PROTESTCAMPS IN BITTERFELD
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