Rollstuhlfahrer blockiert Hauptverkehrsader im Hamburger Hafen - Protestserie fortgesetzt

28.03.23
BewegungenBewegungen, Umwelt, Hamburg, TopNews 

 

Von Letzte Generation

In den vergangenen Tagen war es bereits mehrmals zu Protesten der Letzten Generation auf den Straßen um den Hamburger Hafen gekommen. Neben den Bürger:innen, die heute eine Straße am Saalehafen betraten, ihre orangen Warnwesten anzogen und ihre Hände mit Sekundenkleber am Asphalt befestigten, rollte heute auch ein Elektro-Rollstuhl. In ihm bewegte sich Matthias Schimmrich auf die Mitte der zweispurigen Straße zu und blieb dort stehen.

Der 35-jährige leidet seit ca. zehn Jahren an einer schweren Autoimmunerkrankung, die immer weiter fortschreitet. Seit drei Jahren ist er nun auf einen Elektro-Rollstuhl angewiesen, um den Alltag bewältigen zu können. Doch trotz bzw. gerade wegen seiner Krankheit leistet er friedlichen zivilen Widerstand gegen den Kurs der Regierung.

Ich bin heute hier auf der Straße, um auf das Regierungsversagen hinzuweisen. Sie steuert uns sehen Auges auf Klimakipppunkte zu. Wenn die Kipppunkte fallen, fallen über kurz oder lang auch die sozialen Sicherungsnetze, auf die schwer kranke Menschen wie ich angewiesen sind. Die Behandlung, die mich am Leben erhält, ist so teuer, dass ich sie nur bekommen kann, weil wir eine funktionierende Solidargemeinschaft haben, die das gemeinschaftlich trägt. Wenn diese zusammenbricht, bedeutet das für Menschen wie mich ganz einfach den Tod.”, sagt Schimmrich, mit in den Schoß gelegten Händen, während er in seinem Rollstuhl auf dem Mittelstreifen der Straße sitzt. 

Die Unterstützer:innen der Letzten Generation wählen derzeit immer wieder den Hamburger Hafen als Ort ihres Protestes, weil er als Sinnbild für eine Wirtschaft steht, die sich gerade selbst zerstört. Hier im größten Industriegebiet Nord-Europas werden Rohstoffe und Waren umgeschlagen, von denen wir uns immer mehr Wohlstand versprechen, während wir verdrängen, dass die dadurch verursachten CO2-Emissionen drohen, unsere Zivilisation an sich zu zerstören. Aber Menschen wie Schimmrich wollen diesen Niedergang unserer Gesellschaft nicht einfach hinnehmen. 

Wenn wir jetzt gemeinsam aufstehen und von der Regierung unser Recht auf ein gutes Leben einfordern, dann können wir es schaffen. Ich glaube nicht, dass Menschen in Deutschland bereit sind zuzusehen, wie Errungenschaften wie Sozialstaat und Demokratie zerstört werden. Der Schutz unserer Lebensgrundlagen hat eine Mehrheit in der Gesellschaft. Aber parteipolitisches Geschachere schafft es nicht, das in Mehrheiten im Parlament zu übersetzten. Darum bin ich dafür, dass wir Bürger:innen in einem Gesellschaftsrat gefragt werden, wie wir jetzt gemeinsam wieder aus dieser Krise herauskommen wollen.”, so Schimmrich.

Manche Passant:innen auf der Straße würden nur über ihn, statt mit ihm sprechen, erzählt Schimmrich. Sie würden die anderen Menschen, die mit ihm gemeinsam auf der Straßen sitzen, anschreien und behaupten, dass sie Menschen mit Einschränkungen missbrauchen würden, um Aufmerksamkeit zu erregen, statt auf die Idee zu kommen, dass er einen sehr guten Grund habe für seinen Protest. Er sei auch bereit, Gewahrsam in Kauf zu nehme, wenn es sein müsse. Ob die Polizei wirklich so weit gehen werde, sei in dem Moment, in dem er im Hamburger Hafen auf der Straße sitzt, noch nicht klar. In Anbetracht der Tatsache, dass derzeit zwei Unterstützer:innen der Letzten Generation nach Protesten in Hamburg zehn Tage in Zwangshaft verbringen, sei es allerdings nicht auszuschließen.







<< Zurck
Diese Webseite verwendet keine Cookies. Hier erfahrt ihr alles zum Datenschutz