Zur aktuellen innenpolitischen Krise in der BRD. Teil III
von TaP
Ich hatte am Montag behauptet, daß für die nächste Zeit mit vier Szenarien der innenpolitischen Entwicklung in der BRD zu rechnen sei und angekündigt, diese vier Szenarien und die mit ihnen verbundenen Konsequenzen und Möglichkeiten etwas genauer zu erläutern. Es sind dies die folgenden vier Szenarien:
„1. Am Jahresende wird Jens Spahn oder eine andere Person vom rechten Unionsflügel Bundeskanzler sein – wohlmöglich sogar als Kanzler einer Union/FDP-Regierung, die teilweise von der AfD toleriert wird. 2. Merkel wird weiterhin Bundeskanzlerin sein, macht aber fernerhin Politik nach den Richtlinien von Horst Seehofer. 3. Merkel regiert bereits in naher Zukunft nicht mehr mit CSU und SPD, sondern mit Grünen und SPD. 4. Merkel wird in naher Zukunft von Annegret Kramp-Karrenbauer abgelöst.“
Gestern hatte ich als fünftes Szenario noch die Frage hinzugefügt, ob die CSU am Ende vielleicht doch auf ihre – für den rechtsnationalistischen Populismus emotional und symbolisch hochaufgeladenen – Forderung nach „wirksame[n] Kontrollen der Bundesgrenzen“[1], einschließlich Zurückweisung von in anderen EU-Ländern bereits registrierten Geflüchteten,[2] verzichtet.
Ein solches Einknicken der CSU erscheint mir aber weiterhin – auch nach den heute (Freitag) morgen veröffentlichen Ergebnissen des gestrigen und heutigen EU-Gipfel-Treffens – eher unwahrscheinlich und sehr gefährlich für die CSU: 1. Da die CSU behauptet, daß das Nicht-Stattfinden dieser Zurückweisungen eine Nicht-„Umsetzung des geltenden Rechts“ (Dobrindt zit. n. Der Spiegel v. 22.06.2018) darstelle, ist nicht ersichtlich, wie die CSU von jener Forderung wieder herunterkommen könnte (– es sei denn, das vermeintlich „geltende Recht“ würde gerade in umgekehrter als von CSU gewünschter Richtung geändert, sodaß dann der Vorwurf der Rechtsverletzung vom Tisch wäre.) 2. Gerade die WählerInnen, die die CSU mit dem Streit um die Grenz-Zurückweisungen ansprechen will, dürften der CSU massiv übelnehmen, wenn die CSU sich am Ende mit irgendetwas unterhalb des hochaufgeladenen Symbols zufrieden geben würde. Mir scheint, die CSU hat sich für Kompromisse zu sehr darauf festgelegt, daß „jetzt“ nicht nur entschieden, sondern gehandelt[3] werden müsse – und zwar ohne Zweideutigkeiten[4]. 3. Mir erscheint nicht unwahrscheinlich, daß es der CSU – so oder so – gerade auf die Trennung von Angela Merkel ankommt (s. Anhang). Die CSU mag sich von einer Trennung von Merkel für die Landtagswahl mehr ausrechnen, als von einer Durchsetzung ihrer Forderungen nach Grenz-Zurückweisungen.[5]
Nun ist es müßig, zwei, drei Tage vor dem Tag der Entscheidung – dem kommenden Sonntag (Sitzungen der Vorstände von CDU und CSU) oder Montag (Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion – wenn es denn dann dazu noch kommt) – bei scharf-links darüber zu spekulieren, wie die Sache ausgeht. Außer für einige wenige JournalistInnen, die hier vielleicht mitlesen, besteht jedenfalls von außen keine Möglichkeit mehr, den Ausgang des Streits zu beeinflussen. Die Entscheidung werden ein, zwei, vielleicht auch drei handvoll SpitzenpolitikerInnen von CDU und vor allem CSU unter sich ausmachen – vielleicht noch beeinflußt von der einen oder anderen journalistischen Intervention in den großen Medien.
Sehr wohl lohnt sich dagegen, auch hier zu analysieren, was es der CSU bringen (oder nicht bringen) wird, wenn sie sich mit den Ergebnissen des Brüsseler Gipfels zufrieden gibt oder den Streit mit der CDU ohne Trennung endlos fortsetzt.
Die Fortsetzung des Streits scheint mir jedenfalls kein realistisches Szenario zu sein; der bisherige Streit mit der CDU hat beiden Parteien in den Umfragen geschadet. Die ergebnislose Fortsetzung des Streits dürfte auch wenig dazu taugen, zwischen CSU und AfD schwankende WählerInnen an die CSU zu binden.
Sehen wir uns also die offiziellen Gipfel-Schlußfolgerungen an:
Im Großen und Ganzen liegen die Ergebnisse – weiter verschärfend – auf der repressiven Linie, die zu erwarten war und mit einer kurzen Ausnahme im Sommer 2015 schon seit Jahrzehnten die offizielle Politik prägt. Auch wenn CSU-Landesgruppen-Chef Dobrindt dies versucht[6], scheint mir sehr fraglich zu sein, ob es der CSU gelingen wird, dies als Ergebnis des konkreten Streits des letzten Tage zu verkaufen. Auch der hessische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Parteivorsitzende Volker Bouffier versucht, der CSU das Ergebnis mit der These schmackhaft zu machen, „[…] ohne das massive Drängen der CSU wäre nach meiner Überzeugung das nicht möglich gewesen.“ (FAZ v. 29.06.2018) – Aber nicht ersichtlich ist, welcher EU-Regierung das heutige Ergebnis erst (von der CSU – oder wem auch immer) hätte abgepresst werden mußte.[7] Wenn das, was heute vereinbart wurde, nicht schon früher vereinbart wurde, dann (1.) deshalb, weil Politik in aller Regel Zeit benötigt, und (2.), weil einige Regierungen vielleicht noch Verhandlungsmasse für bisher und weiterhin strittige Punkte in Hinterhand behalten wollten.
Auch Dobrindt sagt jedenfalls nicht, daß die CSU – wegen ihrer anderweitigen ‚Erfolge’ nunmehr – auf ihre Forderung nach Grenz-Zurückweisung von in anderen EU-Ländern bereits registrierten Geflüchteten verzichten kann. Damit kommen wir zu dem Punkt, um den es in den letzten Tagen vor allem ging – die Zurückweisungen an der Grenze.
1. Keine Erwähnung von Zurückweisungen an der Grenze
a) Eventuell dazu heißt es Nr. 11 der Schlußfolgerungen:
„Was die Lage innerhalb der EU betrifft, so droht die Sekundärmigration von Asylbewerbern zwischen Mitgliedstaaten die Integrität des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und des Schengen-Besitzstands zu gefährden. Die Mitgliedstaaten sollten alle erforderlichen internen Rechtsetzungs- und Verwaltungsmaßnahmen gegen diese Migrationsbewegungen treffen und dabei eng zusammenzuarbeiten.“
Dies könnte Merkel als europäische Ermächtigung zu Grenz-Zurückweisungen verstehen und damit ihren Einwand gegen Grenz-Zurückweisungen als erledigt ansehen[8]; und genau in diesem Sinne versucht Dobrindt die Gipfel-Schlußfolgerungen auszulegen:
„Es gehe nun darum, dass diese Punkte auch konkret umgesetzt würden. ‚Ich stelle fest, dass zur Vermeidung von Sekundärmigration das Ergreifen von nationalen Maßnahmen ausdrücklich im Ratspapier vorgesehen ist“ (News-Ticker Münchener Merkur v. 29.06.2018; 13:56 Uhr – Hv. dort bereits; s.a.: FAZ v. 29.06.2018).
Dies wäre das von mir eingangs genannte Szenario 2: „Merkel wird weiterhin Bundeskanzlerin sein, macht aber fernerhin Politik nach den Richtlinien von Horst Seehofer.“
b) Nun ändern die Rats-Schlußfolgerungen – als boßes politisches Papier – aber nicht das geltende EU-Recht; und zu diesem hatte Merkel noch am Mittwoch im Bundestag erklärt:
„In einer solchen Ausnahmesituation von ungefähr 8.000 bis 9.000 ankommenden Flüchtlingen jeden Tag sehen selbst die EU-Verträge vor, dass man zur Herstellung von Recht und Ordnung die Möglichkeit alleiniger nationaler Maßnahmen hat.[9] – Davon haben wir nicht Gebrauch gemacht, meine Damen und Herren. Aber diese Ausnahmesituation existiert heute nicht mehr. Heute haben wir eine völlig andere Situation. Die Zahl der ankommenden Flüchtlinge ist deutlich geringer. Deshalb gilt wieder genau die Rechtssituation wie vor dem September 2015 […]“ (Vorläufiges Protokoll der 42. Sitzung des 19. Deutschen Bundestages am 28.06.2018 – meine Hv.) – also die faktische Situation ohne Grenz-Zurückweisungen (wie ganze die Zeit – vor, nachher und auch im September 2015) und deren rechtliche Unzulässigkeit.
Außerdem kann Merkel andere europäische Maßnahmen als Grenz-Zurückweisungen, die ausdrücklich in dem Beschluß stehen, vorweisen und eine politische Vereinbarung mit Griechenland und Spanien, zu der es in einer Presseerklärung heißt:
„Griechenland und Spanien sind bereit, Asylsuchende wiederaufzunehmen, die künftig von deutschen Behörden an der deutsch-österreichischen Grenze festgestellt werden und einen EURODAC-Eintrag der genannten Staaten haben. Deutschland wird die Fälle der Familienzusammenführung in Griechenland und Spanien schrittweise abarbeiten und abschließen, um die Familieneinheit zu fördern.“ (Presseerklärung 231/2018 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung v. 29.06.2018)
Da Deutschland bekanntlich keine gemeinsame Grenze mit Griechenland und Spanien hat, heißt dies eben nicht Grenz-Zurückweisung nach Österreich, sondern Einreise, Eurodac-Abgleich und im positiv-Falle Rück-Überstellung nach Griechenland bzw. Spanien wie ohnehin schon in der Dublin III-Verordnung vorgesehen ist (Art. 21 ff.) – und dieses Procedere soll nun anscheinend mit einer Verwaltungsvereinbarung gem. Art. 36 Dublin III-Verordnung beschleunigt werden. Zu den einschlägigen Vorschriften gehört im übrigen Art. 28 Dublin III-Verordnung, dessen Absätze 1 und 2 bestimmen:
„Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren [zur Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats] unterliegt.
(2) Zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren, dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Falle dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.“
Da im ersten zitierten Satz nicht von „die Asylsuchenden wiederaufzunehmen, die...“ oder „alle Asylsuchende wiederaufzunehmen, die...“ und im zweiten Satz aber von Familienzusammenführung die Rede ist, scheint es auch künftig faktisch so sein, wie es juristisch von der Dublin III-Verordnung ohnehin vorgesehen ist, daß es keinen Eurodac-Automatismus gibt, sondern die verschiedenen „Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats“ aus Kapitel III der Dublin III-Verordnung in Kraft bleiben.
c) Solche Rück-Überstellungs-Verwaltungsabkommen mit Griechenland und Spanien sowie eventuell weiteren Ländern[10] abzuschließen, heißt faktisch anzuerkennen, daß es weiterhin in relevanter Anzahl Einreisen von bereits registrierten Geflüchteten gegeben wird und nicht also nicht zu versuchen, Einreisen weitgehend an der Grenze zu verhindern – sodaß anschließenden Rück-Überstellungen überflüssig würden.
d) Außerdem hat sich heute das deutsche Kapital impliziert hinter Merkel und gegen die CSU gestellt:
e) Nach alle dem scheint mir wenig wahrscheinlich, daß Merkel nun auf einmal doch noch der CSU-Forderung nach Grenz-Zurückweisung nachgibt.
2. „kontrollierte Zentren“ und „regionale Ausschiffungsplattformen“[11]
a) In Bezug auf die in den Gipfel-Schlußfolgerungen genannten „kontrollierten Zentren“[12] und „regionale[n] Ausschiffungsplattformen“[13] mag sich die CSU gegenüber dem von ihr umworbenen WählerInnen-Klientel als ‚Erfolg’ anrechnen, daß diese, wenn sie denn eingerichtet sein werden, die Zahl der MigrantInnen, die es nach Europa und von den südeuropäischen Staaten weiter nach Deutschland schaffen, reduziert. Daß dies „wirkungsgleich“ damit ist, ab Montag an den deutschen Grenzen alle bereits in anderen EU-Ländern registrierten Geflüchteten zurückweisen, kann aber nicht ernsthaft behauptet werden – und zwar allein schon deshalb, weil
? die Gipfel-Schlußfolgerungen ein bloß politisches Dokument sind,
? keinen Zeitplan enthalten,
? die „Ausschiffungsplattformen“ der Zustimmung der „betreffenden Drittländern“ benötigen[14],
und
? auch für die „kontrollierten Zentren“ das Prinzip der Freiwilligkeit der Einrichtung durch den jeweiligen Staat gilt[15], auch wenn sich wohl einige EU-Staaten schon zu deren Einrichtung bereit erklärt haben, was aber nicht in den Gipfel-Schlußfolgerungen steht.
Schließlich scheinen diese Internierungslager – „Zentren“ und „Plattformen“ – wohl ‚nur’ für diejenigen gedacht zu sein, die im Mittelmeer aus Seenot gerettet werden[16], während sich für diejenigen, die es auf dem Landweg in die EU oder aus einiger Kraft auf dem Seeweg an EU-Küsten schaffen, nichts ändern würde.
b) Zugleich enthalten die Gipfel-Schlußfolgerungen aber auch die – verklausulierte – Zusage einiger Mitgliedstaaten, den Mitgliedstaaten, die die „kontrollierten Zentren“ einrichten, einen Teil der Flüchtlinge, die dort anerkannt werden, – nach Anerkennung – abzunehmen[17]:
„Offenbar hat sich ein knappes Dutzend Staaten, einschließlich Deutschland, bereit erklärt, den Ländern an der Außengrenze diese Last teilweise abzunehmen.“ (Süddeutsche Zeitung v. 29.06.2018 – meine Hv.)
Wenn die CSU mit ihrer Forderung nach Zurückweisungen an der Grenze erreichen wollte, daß aus den südeuropäischen EU-Staaten keine Geflüchteten mehr nach Deutschland kommen, oder sie zumindest den Eindruck erwecken wollte, daß dieses der Effekt der Umsetzung ihrer Forderung sein würde, so ist das Ergebnis des EU-Gipfeltreffens das Gegenteil davon.
Der bayerische Ministerpräsident Söder (CSU) hatte ja im 14.06.2018 das „Endspiel um die Glaubwürdigkeit“ ausgerufen[18] und auch Bundesinnenminister Seehofer (ebenfalls CSU) fokussierte noch am Mittwoch dieser Woche im Interview mit Sandra Maischberger auf die „Glaubwürdigkeit“ (siehe am Ende [vor den Endnoten]).
Mir scheint:
Falls die CSU am Wochenende auf ihre Forderung nach Grenz-Zurückweisungen verzichten sollte (was ich – unter anderem aufgrund der oben erwähnten Intervention der Spitzenverbände des deutschen Kapitals – nicht ausschließe), dann hat die CSU das von ihr ausgerufene „Endspiel um die Glaubwürdigkeit“ verloren und die AfD würde ihr das im bayerischen Landtagswahlkampf genüßlich unter die Nase reiben. Die CSU wird dann nicht nur in der Mitte AnhängerInnen der Merkel-Linie als WählerInnen verlieren, sondern auch rechts die WählerInnen, die sie mit der Eskalation der letzten Tage erst heißt gemacht hat und denen sie nun wahrscheinlich doch nur eine multilaterale Gipfel-Erklärung ohne Zeitplan und keine ‚Einzelentscheidung[19] unseres Landes[20]’, das wieder ‚souverän’ seine Grenze verteidigt, bieten kann.
Historische Dialektik: Forderung nicht durchgesetzt, aber Rechtspopulismus weiter gestärkt?
Anhang
Der Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter, selbst langjähriges CSU-Mitglied, sagte in einem am 23.06. veröffentlichten Interview mit der FAZ:
„Jeder von beiden [Seehofer und Söder] denkt auf der Basis der gemeinsamen Linie in der Migrationspolitik erst mal an sich.“
Dann machte die Interviewerin, Anna-Lena Ripperger, den Einwurf,
„Und daran, Merkel loszuwerden“,
und Oberreuter antwortete:
„Ja, das ist in meinen Augen das Ziel der CSU-Strategie.“
Noch am 21. und 23.06. warf Seehofer Bundeskanzlerin Merkel in Interviews vor, aus „Mickey Maus ein Monster“ bzw. „aus einer Mücke einen Elefanten“ zu machen, wenn sie für einen halben seines 63 Punkte umfassenden Masterplans ihre Richtlinienkompetenz beanspruche:
„Die Bundeskanzlerin hat mit 62 1/2 von 63 Punkten kein Problem. Bei dem ausstehenden halben Punkt wird aus einer Mickey Maus ein Monster gemacht. Ich lasse mir meinen Plan nicht zusammenstreichen. Das kommt nicht in Frage.“ (Passauer Neue Presse v. 21. bzw. 22.06.2018: Wortlaut des Interviews; Kurzmeldung dazu; Die Welt v. 22.06.2018 dazu)
„Man hat im Kanzleramt aus einer Mücke einen Elefanten gemacht.“ (SZ v. 23.06.2018)
An dieser Rhetorik erstaunt zwar, daß Seehofer die von ihm geforderten Grenz-Zurückweisungen damit als „Mickey Maus“ bzw. „Mücke“ bezeichnet (vielleicht eine rhetorische Vorarbeit, um sie am Ende – als vermeintliche ‚Kleinigkeit’ – doch fallen zu lassen); aber Merkel wird mit diesen Äußerungen vor allem als irrational – und damit implizit amts-unwürdig – dargestellt.
Im Interview mit Sandra Maischberger am Mittwochabend sagte Seehofer:
„Wenn seine Überzeugung ihm wichtiger sei als sein Amt, dann kämpfe er lieber für diese als fürs Amt, so Seehofer“ (lt. Handesblatt v. 28.06.2018)
Die Welt v. 28.06. interpretiert:
„Ihm sei seine politische Überzeugung in diesem Fall aber wichtiger als sein Amt, beteuert er und es klingt fast so, als wolle er seinen Plan durchsetzen, koste es, was es wolle. Selbst wenn dabei die Koalition draufgeht.“
Klingt das nicht nach Trennung? – wenn schon nicht durch Sturz der Kanzlerin und Durchsetzung der Grenz-Zurückweisungen dann dadurch, daß sich die CSU aus der Regierung zurückzieht – denn:
„‚Wenn ich jetzt in Berlin sitze und nicht befolge, was ich der Bevölkerung versprochen habe, dann habe ich ein Glaubwürdigkeitsproblem.’ Die CSU wolle der Bevölkerung in der Migrationspolitik endlich glaubhaft sagen können: ‚Wir haben diese Sache jetzt im Griff.’“ (Cicero v. 28.06.2018)
Die FAZ v. 28.06. kommentiert – unter der Überschrift „Zum Äußersten bereit“ –:
„Da sollte sich niemand täuschen, vor allem nicht die Bundeskanzlerin und ihre Unterstützer. Seehofer verband gestern Abend die Konzillianz im Ton mit Härte in der umstrittenen Sachfrage. Er sieht die CSU und sich selbst in einer Glaubwürdigkeitsfalle. Die Menschen erwarteten von ihm eindeutige Signale, um die mit der Grenzöffnung vom September 2015 verbundene Verunsicherung zu beenden. Der Staat muss seine Handlungsfähigkeit beweisen, die er in diesen Monaten verloren hatte. [...]. Niemand versteht, warum in der EU bereits registrierte Asylbewerber in Deutschland einen weiteren Antrag stellen können.“
Wenn es so sehr um die Glaubwürdigkeit geht – wie sollte sich dann Seehofer am Sonntag oder Montag mit etwas anderem als Grenz-Zurückweisungen zufriedengeben können?
„Es gab dann im Zusammenhang mit der sehr hohen Zahl von ankommenden Flüchtlingen die Frage der Rückweisung an der deutschen Grenze. [...]. In einer solchen Ausnahmesituation von ungefähr 8.000 bis 9.000 ankommenden Flüchtlingen jeden Tag sehen selbst die EU-Verträge vor, dass man zur Herstellung von Recht und Ordnung die Möglichkeit alleiniger nationaler Maßnahmen hat.“,
Intermezzo: Hat sich die CSU verzockt – oder einen besonders geschickten Plan? - 28-06-18 20:55
An einer „historische Weggabelung“? - 26-06-18 20:56