von René Spreer
Einladung zum 12. Seminar »Kritik der Politischen Ökonomie«
'Geld regiere die Welt' trichtert uns der so genannte Volksmund von klein auf ein und erklärt auf diese Weise die unterschiedlichsten Missstände an allen Ecken und Enden unserer Welt hinfort.
Meint dieser Spruch möglicherweise das Gleiche, wie der Satz aus dem Kommunistischen Manifest: »Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat … kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelassen als das nackte Interesse, als die gefühllose ›bare Zahlung‹«?
Oder lässt die Fixierung auf den Fetisch Geld den genaueren Blick auf die konkreten Verhältnisse dahinter überflüssig scheinen? Und stimmt diese Behauptung über das »Regieren« so überhaupt? Und angenommen, dem wäre so, bliebe immer noch die Frage nach dem warum zu klären.
Um sich der Beantwortung dieser Fragen anzunähern, soll zuerst ein Überblick gegeben werden, welche höchst unterschiedlichen Formen und Funktionen Geld in den bisherigen Phasen der Menschheitsgeschichte bereits innegehabt hat. Und darüber hinaus, in welchem Zusammenhang diese Formen und Funktionen wiederum mit den jeweiligen Produktionsverhältnissen standen und stehen.
Wurde Geld in früheren Epochen als Mittel der Schatzbildung oder als Zahlungs-/Austauschmittel benutzt – dann meist in Form von Metallen oder Nahrungsmitteln als Naturalformen – hat es nach Marx mit der Entstehung des Kapitalismus und der »Klassenherrschaft der Bourgeoisie« (s. o.) eine gänzlich neue, zusätzliche Funktion erhalten: Als sich (scheinbar) selbst vermehrender Wert, als Geld heckendes Geld, als Kapital, als automatisches Subjekt.
Der Wert wird »das Subjekt eines Prozesses, worin er unter dem beständigen Wechsel der Formen von Geld und Ware seine Größe selbst verändert, sich als Mehrwert von sich selbst als ursprünglichem Wert abstößt, sich selbst verwertet. Denn die Bewegung, worin er Mehrwert zusetzt, ist seine eigne Bewegung, seine Verwertung also Selbstverwertung. Er hat die okkulte Qualität erhalten, Wert zu setzen, weil er Wert ist. Er wirft lebendige Junge oder legt wenigstens goldne Eier.« (MEW 23, S. 168f)
Eine genauere Betrachtung des Geldfetischs möchten wir in unserem Tagesseminar am 10. November 2012 anstellen und sie gleichzeitig als Ausgangspunkt nehmen zur Auseinandersetzung mit der Rolle der Banken und des Bankenkapitals (nicht nur) innerhalb der aktuellen Finanzkrise. Für die Kritik der Politischen Ökonomie gehören allerdings Warenproduktion, Zirkulation und Finanzkapital zu einem unauflöslichen Zusammenhang von Ausbeutung. Reduziert man die kapitalistische Produktionsweise auf die »Herrschaft des Geldes«, dann sind Schuldzuweisungen gegenüber den Banken und Personalisierungen (wie »die Ackermänner«) die unvermeidliche politisch reaktionäre Folge, z. B. bei Occupy Germany: »Das korrupte amerikanische Finanzsystem ist ein Krebsgeschwür, das die gesamte westliche Welt befällt. Die Politik schaut tatenlos zu, wie ganze Staaten von kriminellen Spekulanten regelrecht hingerichtet werden.«
Wie wenig sinnvoll derartige Reaktionen auf die konkrete Misere namens Realität im Endeffekt sind und wie wenig sie mit den tatsächlich ablaufenden Mechanismen der Gesellschaften, in denen kapitalistische Produktionsweise herrscht zu tun haben, diesen Themen möchten wir dann im zweiten Teil des Seminars nachgehen und die fetischisierte Betrachtung des Geldfetisch – in seinen verschiedenen regressiven, antisemitischen oder reformistischen Erscheinungsformen (David Graeber: »Ob das Geld jemals ganz verschwinden wird, wer kann das sagen? … Es ist schwer, sich eine komplexe Weltgesellschaft vorzustellen, in der bestimmte unterschiedliche Werte oder Arbeitsleistungen nicht über Geld miteinander vermittelt werden.«) kritisch dekonstruieren.
Wir hoffen, dass das Seminar auch diesmal wieder zahlreichen Zuspruch findet. Wenn Du an dem Seminar teilnehmen möchtest, bitten wir bis zum 4. November 2012 um Deine schriftliche Anmeldung, um besser planen zu können.
Die Anmeldung kann per Post erfolgen an die Adresse René Spreer, Gumprechtstr. 23, 50825 Köln oder per E-Mail an kdpoe_koeln@gmx.de.
Zum Schluss noch einige technische Details:
Das Seminar findet im Raum 9 der Humanwissenschaftlichen Fakultät (HumF) der Uni Köln statt (»HF-Gebäude«, 216). Die HumF ist mit den U-Bahn-Linien 1 und 7, Haltestelle Universitätsstr., gut zu erreichen (vom Hauptbahnhof unterirdisch mit den Linien 16 und 18 bis zum Neumarkt, dann oberirdisch umsteigen).
Unsere Homepage: http://kdpoe.wordpress.com
Unsere E-Mail: kdpoe_koeln@gmx.de
Bernd Götting , René Spreer , Sebastian Probst , Dieter Asselhoven , Gerhard Krieg
Projektgruppe »Marxismus & Kritik der Politischen Ökonomie« bei der Ökologischen Linken Köln in Kooperation mit der Studierendenvertretung der Humanwissenschaftlichen Fakultät.
VON: RENÉ SPREER