Die Politik der VR China gegenüber den arabischen Ländern

06.11.12
TheorieTheorie, News 

 

von Reinhold Schramm (Bereitstellung)

Maoismus, Antikommunismus und Imperialismus

Die innenpolitischen Gegensätze in der arabischen Welt und die Politik der VR China

»Um ihren Einfluss im Nahen Osten zu stärken, versuchte die Führung der VR China, führenden Vertretern der arabischen Länder ihre ultralinken Konzeptionen, ihre extremistische Taktik und ihre abenteuerlichen Methoden aufzuzwingen.

Die Maoisten bemühten sich zu jener Zeit, alle extremistischen Kräfte in den arabischen Ländern auf ihre Seite zu ziehen, maoistische „linke“ Fraktionen als Gegengewicht gegen die kommunistischen und Arbeiterparteien zu bilden und die Tätigkeit dieser Gruppen darauf zu richten, ultrarevolutionäre Aktionen zu organisieren.

Die VR China, die bisher bei allen wichtigen internationalen Schritten gemeinsam mit der Sowjetunion und allen sozialistischen Ländern aufgetreten war, versuchte seit 1958 verstärkt, bei den um Unabhängigkeit kämpfenden Völkern und Ländern den Eindruck zu erwecken, die einzig wirklich revolutionäre Kraft zu sein.

Sie stellte mehr und mehr ihre angeblich wahrhaft „revolutionäre“ Politik der „revisionistischen“ Linie der Sowjetunion und der Länder der sozialistischen Gemeinschaft gegenüber.
Dazu nutzte sie weitgehend die sich im Nahen Osten und in den arabischen Ländern Nordafrikas stürmisch entwickelnden Ereignisse aus. Seit 1957 versuchte der USA-Imperialismus einige Länder des arabischen Ostens in die sogenannte Eisenhower-Doktrin als Hauptplattform des Antikommunismus einzubeziehen, um seine Positionen zu festigen.

Die Bildung der VAR, die Revolution in Irak im Juli 1958, die die feudal-monarchistische Ordnung stürzte, und der Austritt Iraks aus dem Bagdadpakt versetzten jedoch dem Imperialismus in diesem Gebiet einen empfindlichen Schlag. In dem Bestreben, die Länder des Nahen Ostens unter ihrem Einfluss zu behalten, demonstrierten die imperialistischen Mächte erneut ihre „Politik der Stärke“. Die USA und Großbritannien landeten 1958 Truppen in Libanon und in Jordanien, wodurch sie offenkundig Irak und die VAR bedrohten und die fortschrittlichen Kräfte der anderen arabischen Staaten einzuschüchtern gedachten. Dank der Hilfe durch die UdSSR und der anderen sozialistischen Staaten konnte 1958 eine Intervention der USA in der Republik Irak verhindert werden; dies trug zu einer gewissen Stabilisierung der Lage in diesem Gebiet bei und festigte die Positionen der antiimperialistischen Kräfte in verschiedenen Ländern.

In den Jahren 1958 bis 1962 gingen in den arabischen Ländern bedeutende Veränderungen im inneren Klassenkräfteverhältnis vor sich. Das Erstarken der demokratischen Kräfte trug dazu bei, soziale und ökonomische Umgestaltungen durchzusetzen und den Kampf für eine Politik der Nichtpaktgebundenheit und für die Zusammenarbeit mit den sozialistischen Ländern zu intensivieren.

All das verschärfte den innenpolitischen Kampf in einigen arabischen Ländern und führte dazu, dass scharfe außenpolitische Gegensätze zwischen einzelnen Staaten und Politikern dieses Gebietes auftraten.

Die Politik der Regierung der VR China ignorierte die Spezifik der Bedingungen des Kampfes um nationale Unabhängigkeit und um einen progressiven Entwicklungsweg der arabischen Länder. Peking, das seine hegemonistischen Ziele zu erreichen suchte, geriet damit in Widerspruch zu den Interessen der demokratischen Kräfte und Regimes in den Ländern des Nahen Ostens.

Die VR China und die VAR

Die Beziehungen der VR China zur VAR entwickelten sich ab 1958 rasch. Ägyptische Delegationen (eine Goodwill-Delegation, eine Militärdelegation und eine Handelsdelegation) weilten in Peking. Das erste Handelsabkommen zwischen der VR China und der VAR wurde für drei Jahre geschlossen. 1959 kühlten sich die Beziehungen zwischen beiden Ländern etwas ab, da die chinesischen Führer direkten und mittelbaren Druck auf die Regierung Nasser ausüben wollten. Sie kritisierten den neutralistischen Kurs Nassers, unterstützten die politischen Aktionen Kassems in Irak, stellten sie der Politik Nassers entgegen und bemühten sich, den Einfluss Nassers auf andere arabische Länder zu untergraben. Außerdem orientierten die Maoisten die arabischen Kommunisten auf den Sturz des Regimes Nasser, indem sie Nasser kritisierten, er sei prowestlich eingestellt und unterdrücke die Kommunisten.

Bemerkenswert ist, dass die antiindische Kampagne in der chinesischen Presse sowie die breitangelegte Kritik an Nehru zeitlich mit der Kritik der Maoisten an Nasser zusammenfiel.

Die Verschlechterung der Beziehungen der VR China zur VAR im Jahre 1959 hing auch direkt mit dem Beginn ernster Komplikationen an der indisch-chinesischen Grenze zusammen. Damit sollte versucht werden, Nasser, der die Haltung Indiens unterstützte, unter Druck zu setzen.

In den folgenden drei Jahren blieben die Beziehungen der VR China zur VAR gespannt. Lediglich die chinesische Seite suchte einzelne offizielle Kontakte auf militärischem, kommerziellem, religiösem und kulturellem Gebiet fortzusetzen.

Die chinesische Führung versuchte, Nasser bei den unterdrückten Völkern zu diskreditieren, indem sie Materialien über Verbindungen der VAR zu den USA und zur BRD veröffentlichte.

Eine merkliche Verbesserung in den Beziehungen zwischen beiden Ländern begann erst 1963, nach der III. Konferenz für Solidarität der Völker Afrikas und Asiens in Moshi und als der ehemalige Vorsitzende des Exekutivrates der VAR, Ali Sabri, im April 1963 in Peking weilte. Bereits auf der Konferenz in Moshi entwickelten die chinesischen Führer große Aktivität, um einen Block der afro-asiatischen Länder auf der Plattform des Antisowjetismus zustande zu bringen. Dabei spekulierten sie darauf, dass sich ihre führende Rolle im Zusammenhang mit der bevorstehenden Einberufung einer neuen Konferenz der Länder Asiens und Afrikas (2. Bandung-Konferenz) in Algier festigen würde, und maßen aus diesem Grunde guten Beziehungen zur VAR besondere Bedeutung bei. Im Jahre 1963 erfolgte eine Vielzahl gegenseitiger Besuche, und es wurde ein Abkommen über die direkte Telegrafenverbindung zwischen der VR China und der VAR abgeschlossen. Die chinesische Presse stellte die offene Kritik an der Politik Nassers praktisch ein. Die chinesischen Führer bereiteten im zweiten Halbjahr 1963 eifrig den Besuch Tschou En-lais in afrikanischen Ländern vor. Nicht zufällig begann die Besuchsreise in der VAR, die nach den Worten des chinesischen Premiers „das Tor nach Asien und Afrika“ darstellte.

Angesichts der wachsenden politischen Autorität der VAR in den arabischen Ländern und in Afrika beschloss die chinesische Führung, sich die führenden Kreise der VAR geneigt zu machen, und sie aktivierte ihre Aktionen im Lande erheblich. Sie wollte die Regierung und das Volk der VAR von ihrer Friedensliebe überzeugen und die Außenpolitik Chinas so darstellen, als stehe sie der Politik der neutralistischen, nichtpaktgebundenen Staaten, die auf den Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz und den Zehn Prinzipien von Bandung begründet ist, nahe. Gerade in der VAR verbreiteten Tschou En-lai und Chen Yi im Dezember 1963 offen ihre Konzeptionen, die sie im weiteren allen arabischen Staaten sowie den Ländern Afrikas und Asiens aufzuzwingen gedachten.

Die VR China und Algerien

Algerien war der zweite Schwerpunkt chinesischer Aktivität in den arabischen Ländern und in Afrika in jenen Jahren. 1958, in einer Periode, als sich die Situation in den arabischen Ländern und im Nahen Osten allgemein verschärfte, stellte die VR China enge Kontakte zur nationalen Befreiungsbewegung (FLN) her. Die Regierung der VR China erkannte im September 1958 die Provisorische Regierung der Republik Algeriens (GPRA) an und schloss bald danach ein Handelsabkommen mit der GPRA ab. Im November desselben Jahres traf eine Delegation der FLN in der VR China ein.

Als offensichtlich wurde, dass ihre Politik in der VAR, das seine neutralistische Haltung bewahrte, zum Scheitern verurteilt war, versuchten die Maoisten, Algerien als ihren Hauptstützpunkt auf dem afrikanischen Kontinent auszubauen. Dabei spekulierten sie darauf, den Unabhängigkeitskampf des algerischen Volkes nutzen zu können, um die chinesischen Erfahrungen im bewaffneten Kampf als einzige Kampfmethode gegen den Imperialismus und den Kolonialismus zu propagieren; sie bemühten sich, die völlige Übereinstimmung der Kampfbedingungen und der Triebkräfte des Kampfes in China während des revolutionären Krieges mit denen in Algerien nachzuweisen. Der Kampf des algerischen Volkes, das sich angeblich völlig auf die Erfahrungen Chinas stützte, sollte – das war die chinesische Absicht – das „Muster“, das „Modell“ für alle unterdrückten Länder des Kontinents werden.

Hinsichtlich der Beurteilung der Wege und der Methoden des Kampfes des algerischen Volkes nahmen die chinesischen Führer eine äußerst extremistische Haltung ein und lehnten praktisch eine friedliche Regelung des Konflikts zwischen Algerien und Frankreich ab. Gerade in bezug auf Algerien wandten die Maoisten Anfang 1959 zum ersten male ihre Theorie an, dass nur durch eine Entfaltung des antikolonialen bewaffneten Kampfes Erfolge bei der Verteidigung des Friedens in der ganzen Welt erzielt werden können und dass „für die Länder Asiens und Afrikas von friedlicher Koexistenz keine Rede sein kann, bevor nicht der Imperialismus durch die Methode des bewaffneten Kampfes nach dem Beispiel Algeriens vertrieben worden ist“. [2]

Die Führer Chinas sahen in der algerischen Situation das „chinesische Muster“. Sie bemühten sich deshalb nachzuweisen, dass ihre Verbindungen mit der GPRA für die FLN von ebensolcher Bedeutung waren wie ihre Waffenlieferungen nach Algerien und ihre Anleihe für Waffenkäufe, ignorierten jedoch wohlweislich die Hilfe der UdSSR und der anderen sozialistischen Länder für den Kampf des algerischen Volkes. Eine Militärdelegation Algeriens vereinbarte mit der chinesischen Regierung anlässlich eines Besuches in China 1959 die Ausbildung militärischer Kader für die algerische Armee in der VR China. Die VR China erklärte sich Anfang 1960 sogar bereit, Freiwillige nach Algerien zu entsenden. Dieser Vorschlag wurde jedoch zurückgewiesen, da die GPRA eine Verstärkung des chinesischen Einflusses befürchtete.

Zur Lösung des Algerien-Problems nahm Peking eine besondere, extremistische Haltung ein, die sich wesentlich von der der sozialistischen Länder unterschied. Die 1960 in Melun begonnenen französisch-algerischen Verhandlungen versuchten die Maoisten ausschließlich als Sieg des harten, auf den Krieg gerichteten Kurses der FLN hinzustellen, die angeblich in Übereinstimmung mit den chinesischen Empfehlungen gehandelt habe. [3]

Ende 1960 traf der Führer der GPRA, Ferhat Abbas, anlässlich der Feierlichkeiten zum 11. Jahrestag der Gründung der VR China in Peking ein. Die chinesischen Führer versuchten ihn davon zu überzeugen, dass das chinesische Volk der treuste Freund des algerischen Volkes sei und der Kampf des algerischen Volkes „die national-demokratischen Bewegungen in Asien, Afrika und Lateinamerika begeistert hat“. Die Maoisten propagierten eifrig, dass sich die GPRA „auf die eigenen Kräfte“ Algeriens stützen müsse, und versprachen gleichzeitig F. Abbas neue Militärhilfe.

Am 1. November 1960 fand in Peking eine Kundgebung statt, auf der der heldenhafte Kampf des algerischen Volkes als „Beispiel“ für andere Länder gefeiert wurde, das mit den Erfahrungen Chinas übereinstimmte.

Eine ähnliche Linie verfolgten die Maoisten auch 1961, als sie sich bemühten, die Verhandlungen zwischen Frankreich und Algerien in Evian nur als Manöver Frankreichs zu propagieren, das das algerische Territorium teilen wolle; sie versuchten die Führer der FLN zu veranlassen, Verhandlungen abzulehnen und den bewaffneten Kampf zu verstärken.

Diese offen militante Haltung der Maoisten veränderte sich nach außen etwas, als im März 1962 ein Abkommen abgeschlossen wurde, dem zufolge das Feuer zwischen den algerischen und den französischen Truppen eingestellt und ein Volksentscheid über die Selbstbestimmung Algeriens durchgeführt werden sollte. Aus taktischen Gründen mussten die chinesischen Führer zugeben, dass „die algerischen patriotischen Kräfte zwei revolutionäre Methoden richtig angewendet hatten“, nämlich „den bewaffneten Kampf zu führen, ohne auf Verhandlungen zu verzichten“.

Nach wie vor versuchten die Maoisten jedoch nachzuweisen, dass der Kampf nicht beendet sei. Sie bemühten sich, die Spannungen in Nordafrika zu erhalten. Am 20. März 1962 betonte „Renmin Ribao“ in einem Leitartikel zu dem Abkommen weniger den Erfolg der Verhandlungen und die Feuereinstellung als vielmehr den bewaffneten Kampf, den das algerische Volk geführt hatte und führen werde. Dazu schrieb sie: „Die Feuereinstellung ist eher der Beginn eines neuen Kampfes.“

Es ist kennzeichnend, dass die Maoisten, die gezwungen waren, den Erfolg der Verhandlungen über die Feuereinstellung in Algerien anzuerkennen, diesen ausschließlich dem langen bewaffneten Kampf zuschrieben. Dabei verschwiegen sie die aktive Unterstützung durch alle friedliebenden Kräfte, den Kampf der Kommunistischen Partei Algeriens und der Französischen Kommunistischen Partei, die moralische und materielle Hilfe der Sowjetunion sowie aller sozialistischen Länder und der fortschrittlichen Staaten Afrikas. Die Tatsache, dass Algerien die Unabhängigkeit erlangte, werteten die Maoisten ebenso einseitig wie alle vorausgegangenen Ereignisse in Algerien. Sie versuchten nachzuweisen, dass „die Kolonialvölker ihre Freiheit durch bewaffneten Kampf“ erlangten und dass dies die „Wahrheit unserer Zeit“ ist sowie dass nur durch „einen beharrlichen bewaffneten Kampf der allgemeine Friede erreicht werden kann“. Am 3. Juli 1962 erkannte China die neue algerische Regierung offiziell an.

Nachdem Algerien unabhängig geworden war, aktivierten die chinesischen Führer ihre politische und wirtschaftliche Tätigkeit in Algerien noch mehr. Sie übergaben unentgeltlich 9 000 Tonnen Weizen, 3 000 Tonnen Stahl, 21 Tonnen Medikamente und 50 000 Zelte. Im September 1962 trafen in Algier der Geschäftsführer a. i. der VR China, Xian Yi, und Ende Oktober eine Militärdelegation Chinas unter der Leitung des stellvertretenden Verteidigungsministers, Xu Guangda, ein. 1963 reiste eine Gruppe algerischer Militärflieger zur Ausbildung nach China. Es begann eine Periode immer stärkerer Annäherung zwischen China und Algerien und der Entwicklung ihrer politischen und wirtschaftlichen Beziehungen. Die Maoisten wollten mit allen Mitteln ihre Positionen in Algerien festigen und zugleich einen Keil zwischen die Demokratische Volksrepublik Algerien und die UdSSR treiben.

Die VR China und Irak

Eine besondere Haltung nahmen die Maoisten auch ein, als sie Kontakte mit Irak anbahnten. Im August 1958 nahm die Regierung der VR China diplomatische Beziehungen mit Irak auf (mit der Regierung Kassem). Zur gleichen zeit knüpfte die chinesische Führung enge Verbindungen zur linken Gruppierung in der Irakischen Kommunistischen Partei an. Die Maoisten ignorierten das reale politische Kräfteverhältnis in Irak und die direkte Gefahr einer imperialistischen Invasion zum Sturz des Regimes von Kassem, unterstützten die extremistischen Forderungen der „Linken“ in der Irakischen KP und inspirierten sie zu bewaffneten Aufständen in Mossul und Kirkuk in den Jahren 1958 und 1959. [4] Das waren die ersten Versuche der Maoisten, ihre ultrarevolutionäre Taktik im Nahen Osten durchzusetzen, die darauf gerichtet war, „lokale“ Kriege anzuzetteln und die internationalen Spannungen zu verschärfen.

Die chinesischen Führer begannen, ebenso wie in der VAR und in Algerien, in ihrer Politik den Schwerpunkt auf das „gemeinsame Schicksal“ und die „gemeinsamen Ziele“ der Völker der VR China und Iraks im antiimperialistischen Kampf zu legen. Zugleich verstärkte die VR China die offiziellen Beziehungen zu Irak auf dem Gebiet des Handels. China exportierte nach Irak Industrie- und Erdölausrüstungen, Holz, Seiden- und Baumwollgarne, Textilien und andere Waren und importierte Datteln, Erdöl, Erdölerzeugnisse, Schafwolle usw. Die VR China war sehr an irakischem Erdöl interessiert. 1960 exportierte Irak in die VR China ungereinigtes Erdöl zu einem Preis, der vier Prozent über dem Weltmarktpreis lag.

Auch nach dem reaktionären Umsturz, als im Februar 1963 ein diktatorisches Regime in Irak errichtet wurde, unterhielt die VR China zu diesem Land weiterhin freundschaftliche Beziehungen, ungeachtet der Repressionen dieser Regierung gegen die irakischen Kommunisten und der grausamen Unterdrückung des Kampfes des kurdischen Volkes für Selbständigkeit.

Die VR China und die Jemenitische Arabische Republik

Große Aufmerksamkeit widmete China Jemen, da es seine wichtige strategische Lage am Südzugang zum Roten Meer sowie die mögliche Perspektive berücksichtigte, auf die nationale Befreiungsbewegung im Gebiet von Aden und in den Emiraten am Persischen Golf Einfluss zu nehmen. Im Dezember 1957 traf der Kronprinz von Jemen, Mohammed El-Badr, zu einem offiziellen Besuch in Peking ein. Im Ergebnis dieses Besuches wurden im Januar 1958 drei Dokumente unterzeichnet: ein Freundschaftsvertrag, ein Abkommen über wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit und ein Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit. Auf der Grundlage des Wirtschaftsabkommens gewährte die VR China Jemen einen zinslosen Kredit in Höhe von 700 Millionen Schweizer Franken (etwa 16 Millionen US-Dollar) und versprach, technische Hilfe beim Straßenbau und bei der Errichtung von Industrieobjekten sowie Kleinbetrieben für die Heimindustrie zu leisten. Im Jahre 1958 wurde praktisch nur über ein Objekt eine Übereinkunft erzielt; über die Hilfe der VR China beim Bau der Straße Sana’a – Hodeida mit einer Länge von 231 Kilometern. Am Bau waren etwa 400 bis 500 chinesische Spezialisten und Arbeiter beteiligt; China lieferte auch die erforderlichen Ausrüstungen und Baustoffe und bildete einheimische Arbeiter aus. Im März 1959 schenkte China Jemen 10 000 Tonnen Weizen für die Bevölkerung der von der Dürre betroffenen Gebiete. Im Januar 1961 eröffnete China in Jemen eine Musterausstellung seiner Exportgüter mit dem Ziel, den Warenaustausch zu erweitern.

Die Maoisten stellten auch unter Vermittlung der Jemenitischen Arabischen Republik Verbindungen und Kontakte mit der nationalen Befreiungsfront des besetzten Südjemens (Aden) her.

Die VR China und Marokko

Die VR China unterhielt zu jener Zeit aktive Wirtschaftsverbindungen (in der Hauptsache Handel) mit Marokko. Diese Beziehungen hatten für China zugleich große politische Bedeutung. Marokko war das Bindeglied für Kontakte Pekings mit der Führung der GPRA und der FLN, deren Basen teilweise auf dem Territorium Marokkos lagen (in Oujda und Ouwejda). 1959 schlossen die VR China und Marokko das erste Handelsabkommen für ein Jahr ab.

Der Handel mit Marokko nahm einen bedeutenden Platz im Warenaustausch der VR China mit den Ländern Afrikas ein (etwa 15 bis 20 Prozent; das bedeutete den zweiten Platz hinter der VAR). Die VR China exportierte nach Marokko Tee, Baumwoll- und Seidenstoffe und andere Waren. Sie kaufte in Marokko Phosphate, Kobalt, Kork, Baumwolle, Sardinen und Olivenöl. 1961 importierte China erstmals (in geringer Stückzahl) aus Marokko Lastkraftwagen und Fahrgestelle für Personenkraftwagen. Außerdem beteiligte sich China jedes Jahr an den internationalen Messen in Casablanca. Seit 1961, als ein Abkommen für technische Hilfe der VR China beim Teeanbau abgeschlossen worden war, entsandte China regelmäßig seine Experten nach Marokko.

Zwischen den Jugend-, Studenten- und Gewerkschaftsorganisationen der VR China und Marokko bestanden ebenfalls Beziehungen. In Rabat weilten Delegationen chinesischer Juristen, der Gesellschaft für Freundschaft der Völker Chinas und Afrikas (Juni 1961), chinesischer Schriftsteller, eine Akrobatentruppe und andere.

Die chinesischen Führer legten ihren Beziehungen zu Marokko die Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz und die Zehn Prinzipien von Bandung zugrunde.

Zwischen den anderen arabischen Ländern (Tunesien, Libanon, Kuweit, Jordanien, Saudi-Arabien u. a.) und China bestanden bis 1962 keine offiziellen (diplomatischen) Beziehungen. Die VR China zeigte jedoch stets großes Interesse an diesen Ländern und versuchte, Verbindungen auf religiösem Gebiet herzustellen sowie Handelsbeziehungen anzubahnen (besonders mit Tunesien, Libanon und Kuweit).«

Anmerkungen

1 Praktisch zwang Washington die Eisenhower-Doktrin nur drei Ländern auf: Irak, Libanon und Jordanien (vgl. Die Entwicklungsländer in der Weltpolitik, Moskau 1970, S. 126, russ.).
2 Peking Review, 27/1960, S. 10.
3 ebenda
4 Diese Aufstände wurden grausam unterdrückt. Damit wurde aber auch die Irakische Kommunistische Partei geschwächt. Seit Mitte 1959 begannen in Irak Repressalien gegen demokratische Kräfte und militärische Aktionen gegen die kurdische Minderheit (vgl. Die Entwicklungsländer in der Weltpolitik, a. a. O., S. 129).

Quelle: Außenpolitik und internationale Beziehungen der Volksrepublik China. Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik – Berlin 1976. Vgl.: Die VR China und die Entwicklungsländer (1958 bis 1963). Die Politik der VR China gegenüber den arabischen Ländern. Die innenpolitischen Gegensätze in der arabischen Welt und die Politik der VR China. Die VR China und die VAR. Die VR China und Algerien. Die VR China und der Irak. Die VR China und die Jemenitische Arabische Republik. Die VR China und Marokko.

 


VON: REINHOLD SCHRAMM (BEREITSTELLUNG)






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