Frühlingsfest der DGB-Gewerkschaften oder „Kampftag der Arbeiterklasse“

04.05.14
ArbeiterbewegungArbeiterbewegung, Debatte, TopNews 

 

von Th. Rindt

Moin!

Heute hab ich den Artikel "Ist das noch der 1. Mai?" gelesen. Hmm - ich hab das am Wochenende irgendwie ganz anders wahrgenommen und schon in einem Forum folgendes geschrieben:

1. Mai 2014 – Braunschweig, Bürgerpark...

Jedes Jahr wieder – wird der 1. Mai begangen.... Heute hab ich mal die Veranstaltung dazu in Braunschweig besucht – lebe hier ja erst seit etwas mehr als einem halben Jahr. Gerade komme ich zurück, es war viel los! – und ich muss sagen: ich bin fassungslos!

Ein „Fress-Stand“ reiht sich an den an den anderen, hin und wieder unterbrochen von einem Bierwagen oder Kaffeetanten. In einer Ecke findet Kinderbespaßung statt. Auf der Bühne geben lokale Bands ihr Bestes....

Es sind alle da: von der MLPD bis zum Roten Kreuz, von der Antifa bis zur AWO, von den Naturfreunden bis zu den Falken – und natürlich so gut wie alle DGB-Gewerkschaften.

Aber Inhalte? Die sucht man vergebens! Na gut – hier und da liegen zwischen Besteck und Döner noch ein paar Flyer aus – aber beachtet werden sie kaum – und es wird auch nicht gefördert.

Weiß eigentlich noch jemand, woher der 1. Mai, der „Tag der Arbeit“ kommt? Wem wir da im Prinzip gedenken?

Den 1. Mai „verdanken“ wir dem Haymarket Massacre während des am 1. Mai 1886 in Chikago beginnenden großen Streikes, verbunden mit teilnehmerstarken Kundgebungen. 8 der Organisatoren dieses Streikes, bei dem es um die Forderung nach dem 8-Stunden-Tag ging (man arbeitete noch 12 Stunden am Tag!) wurden in der Folge zum Tode verurteilt – weil irgendwer eine Bombe geworfen hat... Wen es interessiert: Haymarket Riot – Wikipedia

In Folge dieses Ereignisses wurde auf dem Gründungskongress der Zweiten Internationale 1889 der 1. Mai als „Kampftag der Arbeiterklasse“ ausgerufen. Und 1890 wurde er weltweit zum ersten Mal begangen – mit Massenstreiks und -kundgebungen. Da konnte man noch von „kämpfen“ sprechen...

Aber so weit müssen wir gar nicht zurück schauen – auch vor weniger als 100 Jahren gab es noch Kämpfer für soziale Gerechtigkeit – und zwar Kämpfer im wahrsten Sinn des Wortes! Da setzten unzählige Menschen ihre wirtschaftliche Existenz, ihre Freiheit und so manches Mal auch ihr Leben ein – weil sie den Glauben an die Möglichkeit einer gerechteren Welt nicht verlieren wollten! Und weil sie wussten: wenn sie sich nicht selbst helfen, dann hilft ihnen keiner!

Und was machen wir heute? Wir „feiern“ diese Vorkämpfer für eine bessere und gerechtere Welt mit Mojito und Bratwurst, mit Kuchen und Fleischspießen... Wir haben diesen „Kampftag“ zu einem Frühlingsfest der DGB-Gewerkschaften und ihrer entfernten Bekannten verkommen lassen!

Alles nach dem Motto: „Die Welt ist Scheiße, aber das Bier ist lecker! Gib mal noch eine philippinische Blutsuppe rüber, ich hab ja nix gegen Ausländer“ - und morgen früh geht’s wieder kommentarlos pünktlich in die Firma – um sich kritik- und wehrlos schön ausbeuten zu lassen – oder es wird halt, ganz kämpferisch, der nächste Widerspruch ans JC geschrieben... Und nebenbei gegen „die Zigeuner“ im eigenen Stadtviertel gewettert!

Dafür haben sich unsere Vorfahren nicht von Schergen und von den durch Arbeitgebern angeheuerten Schlägern verprügeln und sogar erschießen lassen – nicht vom Staat verfolgen lassen! Sie würden nur verächtlich auf dieses Treiben schauen und auf unsere Klagen nur eine Antwort kennen: „Selber schuld! Warum wehrt ihr euch nicht?“

Es ist eine Schande, was am 1.Mai in Deutschland passiert! Daran ändern auch die verlogenen Reden der Gewerkschaftshauptamtlichen und – funktionäre nichts!

Th. Rindt
Prekär in Braunschweig (PiB)


VON: TH. RINDT


Ist das noch der 1. Mai? - 03-05-14 17:43




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