Solidarität mit Christel Wegner und der DKP!
26.02.08
TopNews, Politik
Von Anja Köhler
Man muss Wegners Äußerungen inhaltlich nicht teilen, um nicht zu sagen, man muss sie kritisieren. Aber man darf dabei nicht vergessen, dass Christel durch die Umstände und die geschickte Gesprächsführung des Journalisten zu den skurill anmutenden Aussagen gedrängt wurde.
Vor dem Hintergrund von Sozialabbau und massiver Verschlechterung der Lebensbedingungen weiter Teile der Gesellschaft findet die in Klein- und Kleinstgruppen zersplitterte Linke zumindest projektbezogen zueinander. Gerade diese neue Einheit macht den Herrschenden Angst, weil sie sie mit gesellschaftlich relevantem Widerstand konfrontiert. Sie versuchen daher immer wieder, die Bewegungen zu spalten und zu diskreditieren. Die Kriminalisierung von Teilen der Anti – G8 – Bewegung gehört in diesen Zusammenhang oder eben auch die Medienkampagne gegen Christel Wegner und die Linkspartei.
Christel Wegner hatte bereits ein anstrengendes, einstündiges Interview hinter sich, als einer der Journalisten ihr die Frage stellte, „was denn Mauer und Stasi mit humanistischem Erbe zu tun hätten“. Der Journalist bezog sich mit seiner Frage auf einen Punkt des DKP – Programms, in dem die DDR als „Teil des humanistischen Erbes“ bezeichnet wird. Christel Wegner war sprachlos, suchte dann aber hilflos tastend nach einer Antwort: „Also ... jeder Staat versucht ja, ... sich sozusagen vor Angriffen von außen zu schützen.“ Bereits an der Frage des Journalisten fallen zwei Dinge auf: die uneingeschränkte Gleichsetzung von DDR und Mauer bzw. Stasi einerseits und die Absicht, Christel Wegner eine Legitimation von Stasi und Mauer zu entlocken, um diese dann als Kampfmittel gegen die Linke nutzen zu können. Es dürfte klar sein, dass die DKP nicht Mauer und Stasi, wohl aber Einheitsschule, Arbeitsplatzgarantie, das Recht auf eine Wohnung etc. als humanistisches Erbe versteht. Ebensowenig kann man bestreiten, dass die Frage des Journalisten in sich widersprüchlich ist und daher jeder Versuch, sie ernsthaft zu beantworten, in der Distanzierung vom eigenen Parteiprogramm oder einem Legitimationsversuch der Stasi bzw. der Mauer enden musste. Christel Wegner hätte sich natürlich auf diese Frage gar nicht erst einlassen dürfen und ihm stattdessen erzählen sollen, was alles an der DDR zum humanistischen Erbe gehört. Oder sie hätte die Frage zurückgeben müssen und von ihm wissen wollen, was Berufsverbote und Vorratsdatenspeicherung mit Demokratie zu tun haben. Dass sie sich dennoch in einer Antwort versuchte, war wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass sie sich bereits seit einer Stunde mit dem Journalisten unterhalten hatte und entsprechend erschöpft war. Außerdem stellt man sich in dieser Zeit auf seinen Gesprächspartner ein. Wie ihre Äußerungen zur Mauer zustande kamen, kann ich nicht beurteilen. Sie sind jedoch so absurd, dass ich sie für eine Antwort auf eine ähnlich strukturierte Frage halte.
Das gesamte Unterfangen des bürgerlichen Medienapparates, die Linkspartei durch ihre angeblich positive Haltung zur DDR zu diskreditieren, ist nur möglich, weil die fehlende Aufarbeitung der DDR – Geschichte ihre undifferenzierte Dämonisierung und Instrumentalisierung im Sinne der Herrschenden erlaubt. Für eine differenziertere Sicht und eine kritische linke Positionierung bleibt dabei ebensowenig Platz wie für die Erwähnung von Positivem. Die DDR wird von den Herrschenden solange als Kampfmittel gegen die Linke aus der Mottenkiste geholt werden, wie eine ernstgemeinte öffentliche Aufarbeitung ausbleibt, wenngleich dieses Kampfmittel seine Wirksamkeit zu verlieren beginnt. Gerade an dieser Stelle wird deutlich, dass es gar nicht um inhaltliche Differenzen geht: man verlangt von der Linken eine Auseinandersetzung mit der DDR – Geschichte, unterbindet die Aufarbeitung jedoch gesamtgesellschaftlich.
Natürlich wird man in den letzten Tagen des Hamburger Wahlkampfes nicht mit dem tradierten Antikommunismus der bürgerlichen Gesellschaft brechen können. Das ist jedoch in diesem Rahmen auch gar nicht nötig. Die Hamburger BürgerInnen sind – anders als von der geifernden bürgerlichen Journaille unterstellt – keineswegs intellektuell minderbemittelt. Wer sich entschieden hat, die Linke zu wählen, tut dies trotz deren SED – Vergangenheit. Er/Sie weiß, worauf er sich einlässt. Deshalb hätte die Parteispitze meines Erachtens ruhig zur Pluralität der Partei stehen und diese als ihre Stärke verkaufen dürfen. JedeR weiß, dass DKP – Mitglieder auf den Listen der Linken kandidieren. Die Haltung der DKP zur DDR ist bekannt. Punkt, Ende der Debatte. Wir lassen uns nicht spalten.
Stattdessen nutzt die Rechte in der Linken den Vorfall, um gegen die Linke in der Linken vorzugehen. Der Parteivorstand macht sich die mediale Diskriminierung der Partei zunutze, um die Partei regierungsfähig zu machen, d.h. von ihrem antikapitalistischen Teilen zu „säubern“. Die Linke in der Linken kann diese Säuberung nur abwehren, wenn sie sich offensiv mit Christel Wegner und der DKP solidarisiert.
An Christel Wegners wird der Ausschluss der antikapitalistischen Kräfte aufgezogen. Niemand wird sich darüber so sehr ärgern, wie Christel Wegner selbst. Gerade linke emanzipatorische Kräfte sollten den Stalinismus – Vorwurf Lügen strafen, indem sie eben nicht wie typische StalinistInnen Härte und nochmehr Härte verlangen (bis hin zum Parteiausschluss wegen parteischädigendem Verhalten – und Abweichung von der offiziellen Parteilinie!).
Der Skandal um Christel Wegner und die DKP wurde medial inszeniert und nützt bürgerlichen Parteien und der Parteirechten in der Linkspartei. Aus diesem Grund kann es für die Linke in der Linkspartei nur schädlich sein, sich öffentlich auf die Debatte einzulassen. Zumal deutlich erkennbar ist, dass von der bürgerlichen Öffentlichkeit eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der DDR – Geschichte gar nicht gewünscht wird. Die Linke in der Linken sollte sich daher hüten, das Geschrei um Wegners Äußerungen als inhaltliche Debatte aufzufassen und sich an ihren unterschiedlichen Positionierungen zur DDR spalten zu lassen.
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