Agro-Kraftstoffe: "Bio" ohne Menschrecht?

24.11.07
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Ethanol, Ölpalmplantagen und Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien

Saarbrücken (sk) - Im Rahmen der Lasteinamerikatage 2007 begrüßt Attac Saar am Mittwoch, 28.11.2007, Gäste von der kolumbianischen Pazifik-Küste: Diego Cardona und Lidoro Hurtado informieren über die sozio-ökologischen Nachteile der so genannten "Bio-Kraftstoffe".

Hintergrund: Der Klimawandel ist in aller Munde. Anbau, Handel und Nutzung von Biomasse für energetische Zwecke erfahren Hochkonjunktur, denn die so genannte „Agro-Energie" gilt als „klimaneutral". Derzeit wird vier Prozent des europäischen Gesamtenergiebedarfs aus Biomasse gedeckt. Der im Dezember 2005 vorgestellte EU-Aktionsplan für Biomasse sieht eine Verdopplung bis 2010 vor. Laut den anvisierten ehrgeizigen Kraftstoff-Beimischungszielen in der Europäischen Union wird beabsichtigt, 5,75 Prozent bis ins Jahr 2010 und bis 2020 zehn Prozent der konventionellen Kraftstoffe durch alternativen Treibstoff zu ersetzen.

Diese Zielmarken können beim derzeitigen Verbrauch an Energie allein über Eigenproduktion nicht erreicht werden - so dass die EU-Staaten auf Importe angewiesen sind. Und hierfür kommen aus klimatischen und finanziellen Gründen vor allem Länder des Südens in Frage: Soja, Zuckerrohr, Palmen, Rizinus, Maniok, Eukalyptus oder Bambus. Die alte Arbeitsteilung zwischen Nord und Süd - zwischen Verarbeitung und Export von Rohstoffen, zwischen Konsumenten und Primärproduzenten - setzt sich so ungebrochen fort.

In Kolumbien ist es zur Zeit Palmöl, das den größten Boom erlebt – verbunden mit verheerenden Auswirkungen für die Bevölkerung. Rund 35 Prozent des in Kolumbien gewonnenen Palmöl- und Palmkernöl wird exportiert, 80 Prozent davon gehen nach Europa. Deutschland hat einen Anteil von 25 Prozent an der gesamten Exportmenge kolumbianischen Palmöls.

Die bislang ca. 400.000 Hektar Palmöl-Plantagen sollen auf bis zu 6 Millionen ausgeweitet werden. Anstelle von Nahrungsmitteln werden „nachwachsende Rohstoffe" produziert, um den bei uns wachsenden Bedarf an Agro-Kraftstoffen zu decken. Riesige Waldflächen werden zerstört, bestehende Ackerflächen durch großflächige Monokulturwirtschaft langfristig unnutzbar gemacht. Die wohl schlimmste Folge jedoch sind die einhergehenden Menschenrechtsverletzungen an der ländlichen Bevölkerung: Bauernfamilien, afrokolumbianische und indigene Gemeinschaften werden gewaltsam von ihrem Land vertrieben, um die freigewordenen Flächen für den Anbau von Ölpalmen nutzen zu können.

Lidoro Hurtado ist Vertreter vom "Prozess schwarzer Gemeinden" (Proceso de Comunidades Negras en Colombia - PCN) und Gemeinderat in Bajo Mira y Frontero (Nariño) und wird über die afrokolumbianischen Gemeinden berichten: Die afrokolumbianischen Gemeinden sind insbesondere in der Pazifikregion Kolumbiens stark vertreten, wo auch immer mehr Land für Ölpalmanbau genutzt wird, daher sind es auch oft afrokolumbianische Gemeinden, die von diesen Plantagen verdrängt und in ihrer Lebensweise bedroht werden. Diego Alejandro Cardona, Vertreter von Censat Agua Viva "Amigos de la tierra Colombia", dem kolumbianischen Zweig von Friends of the Earth, ist Koordinator für das Thema Wald und wird von der gemeinsamen Kampagne von Censat und Proceso de Comunidades Negras en Colombia - PCN gegen Agrokraftstoffe ("CAMPAÑA EN RESISTENCIA A LOS AGROCOMBUSTIBLES: LLENANDO TANQUES, VACIANDO TERRITORIOS" / auf Deutsch etwa: Tanks füllen, Territorien leeren") berichten.

Die Einführung gestalten Benjamin Böhme von der BI "Kein Strom aus Palmöl" und Roland Röder, Geschäftsführer der „Aktion 3. Welt Saar"

Die „Aktion 3.Welt Saar" engagiert sich gegen das geplante Palmölkraftwerk in Saarlouis / Dillingen und tritt für eine dezentrale Energiegewinnung auf der Basis von Kraft-Wärme-Kopplung ein. Roland Röder wird sich in seinem Beitrag mit der neokolonialen Arbeitsteilung zwischen der 1. und 3. Welt auseinandersetzen, wonach die 3. Welt die Rohstoffe liefert und in der 1. Welt die Wertschöpfung statt findet. Kritisch wird er sich zu der gewerkschaftlichen Technologiegläubigkeit am Beispiel des geplanten Kraftwerkes Ensdorf äußern, die den Weg zu einer dezentralen Energieversorgung blockiert.

Mittwoch, 28. November 2007, 19 Uhr, Haus der Umwelt, Ev.-Kirch-Str. 8,

66111 Saarbrücken. Teilnahme kostenlos.


VON: CMJ






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