Eine Feststellung!
Von Dieter Braeg
In Hamburg wird es am 11. Oktober eine Premiere im Thalia Theater geben. Zwar wird da angekündigt, dass man NACH Friedrich Schiller (1759 - 1805) "Die Räuber" spielen würde und in Salzburg, wo auf der Perner Insel in Hallein dieser "Versuch" geboten wird, gibt es noch bis zum 24. August einige Vorstellungen - gut besucht auf miserablen Sitzplätzen, glaubt man dem Kartenbüro der Festspiele. Gut - es gibt da eine Pause , die ist auch notwendig zur Beruhigung der Sitzmuskulatur und der Ohren.
Ohren?
Wer meint ihm würde da das Schauspiel "Die Räuber" geboten, das Schiller als Internatszögling geschrieben hat, kriegt Probleme. Ein Meisterwerk - aber wer sich vorher mit dem Originaltext beschäftigt hat, bleibt gänzlich verwirrt zurück. Was hätte das nur für ein großer Theaterabend werden können. Da wird die väterliche Autorität aus zwei Richtungen angegriffen. Einerseits Franz die "Kanaille" und der Bruder Karl der beim Vater angeschwärzt wird. Da ist Familienvernichtung geplant, da geht's in die böhmischen Wälder und man bekämpft die "Autoritäten" mit einer Bande von Mord&Totschlägern. Schiller setzte mit dem Stück den Absolutismus von innen und außen in Brand - da hätte doch der Regisseur Nicolas Stemann mit seinem Dramaturgen Benjamin von Blomberg was machen können. Aber da sei Globalisierung und Neoliberalismus vor!
Es bleiben vier Herren übrig die vor einer Lamellenwand stehen. Es sollte ein "Wortkonzert" werden. Das war es nicht. Da wurde gebrüllt, geflüstert und mit Schillers Text erfolgte eine "Entledigung". Da fehlte in vielen Fällen nur noch das Wasserrauschen, wenn die Kloschüssel gespült wird und der Dreck im Abflusssystem (hervorgerufen durch die neue Rechtschreibung) verschwindet.
Die vier Schauspieler geben so ziemlich alle Personen in diesem Stück, das fast OHNE Schiller auskommt, statt, wie angekündigt - NACH - die Vier geben die Räuber, den Spiegelberg, den Vater, Roller. Trotz Vermummungsverbot spielt das auch keine Rolle und das Flaschenbier hilft den vier Herren wenig - ein Glück, dass das Publikum nicht auch davon ein wenig abbekam. Das man dann mit viel Getöse Amalia (Maren Eggert), Karls Verlobte, vergewaltigt - das wirkt schon nicht und auch das Gemetzel in einer Stadt, hinterlässt, nacherzähltgebrüllt, keine Wirkung.
Die Verhältnisse die sind zwar so, aber das da was umgestürzt werden könnte, das nimmt man den vier Herren (Philipp Hochmaier, Alexander Simon, Felix Knopp, Daniel Hoevels) nicht ab. Das sind verwöhnte Wohlstandsfiguren, die mit Gebrüll die Welt nicht ändern wollen, weil sie gar nicht begreifen wie die tickt. Das hat was von jenem "revolutionären Kampf" der in Frankfurt einen Herren hervorbrachte, der im Haus der Geschichte zu Bonn seine Turnschuhe als Ausstellungsexemplare hinterließ.
Dem Bildungsbürger wird der Stinkefinger gezeigt und dazu wird in einigen Szenen ein wenig musikalischer Krach gemacht. Ja, da wird dem Kritiker einiges abverlangt und einer meint, da würde erkennbar, dass diese Bühnenaktion auf Wörtern basiert.
Aha!
Originalzitat: "Und es wird klar, dass Sprache nicht immer Bedeutung bekommen muss, die unmittelbar in das Geschehen einer Handlung mündet."
Ja, da bleibt man sprachlos daneben steh'n und weiß jetzt endlich, was man von den Lippenbewegungen samt Stimmbandstrapazierung halten kann, die Politikerinnen und Politiker praktizieren, meist vor Wahlen!
Paßt nach Hamburg, was soll man da auch spielen, es gibt ja die Veranstaltung SCHWARZgrün
Dieter Braeg