Von Dieter Braeg
Schwere Verluste für die Kommunisten die fast die Hälfte ihrer Stimmen einbüßten, waren neben Verlusten der Sozialdemokraten kennzeichnen das Ergebnis der Kommunalwahl im österreichischen Graz. Erschreckend das Ergebnis der Halbfaschisten von FPÖ und BZÖ die zusammen fast 16% der Stimmen erzielten.
Nicht nur in Graz sondern in ganz Österreich scheint Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus der schlimmsten Art große Zustimmung zu haben. Die Spitzenkandidatin der FPÖ Susanne Winter hat ihr Ziel erreicht. Bis zum Neujahrstreffen der FPÖ am Sonntag war sie einer breiten Öffentlichkeit auch in Graz unbekannt: Das hat Susanne Winter, Spitzenkandidatin für die Gemeinderatswahl am 20. Jänner, mit ihren Aussagen zum Islam schlagartig geändert. Die promovierte Juristin, die in der Zahnarztpraxis ihres Ehemannes arbeitet, gilt als Erfindung des steirischen FPÖ Parteichefs Abg. Gerhard Kurzmann. Sie ist im Grazer Wahlkampf und in der Zeit davor sachpolitisch nicht sehr aufgefallen - die Aufmerksamkeit "erarbeitete" sie sich durch immer provokantere Äußerungen zu Islam, Ausländern und mit der Wiedergabe kruder genetischer Theorien. Die FPÖ-Frontfrau hatte bereits 2007 nach ihrer Kür zur Grazer FPÖ Stadtparteiobfrau und Spitzenkandidatin die Themen hervorgehoben, mit denen man punkten wolle, wie etwa "zu Islamisierung, zur organisierten Bettelei und zum Asylmissbrauch". Als Wahlziel hatte die bis dahin Unbekannte angekündigt, "zehn Prozent plus x" erreichen zu wollen, was den Wiedereinzug der in Graz traditionell stark verankerten Freiheitlichen bedeuten würde.
Einigermaßen Aufsehen erregte die Spitzenkandidatin mit diversen "Provokationen" den Film "Der schwarze Löwe" über schwarze Asylwerber, die bei einem Dorffußballklub reüssieren, bezeichnete sie als "übelste Überfremdungspropaganda". Winter forderte u.a. die "Internierung" von Asylwerbern in leeren Kasernen und ein Fahrverbot für Schleierträgerinnen. Bewusst verwendete sie immer wieder das Wort "Neger".
Aufregung. Erstmals in größerem Kreise für Aufregung sorgte sie in der im "Falter" veröffentlichten Diskussion mit dem ersten Vorsitzenden des Grazer Ausländerbeirates, als dieser ihr vorwarf, einen Keil zwischen weiße und andersfärbige Österreicher zu treiben, weshalb es passiere, dass er aus einem Lokal geworfen und als "Neger" beschimpft werde. Darauf Winter: "Ich geben Ihnen eine provokante Antwort: Da ist etwas in Ihren Genen, das Sie noch nicht verarbeiten konnten. Sie können nichts dafür, weil erst jahrtausendelange Tradition bewirkt, dass man die eigene Tradition verarbeiten kann. (...) Sie wissen, dass Tradition, dass alles, was sich mit einer gewissen Menschenschicht in der Geschichte abgespielt hat, als Transformation in den Genen weitergegeben wird. Sie haben dadurch automatisch zu wenig Selbstbewusstsein und zu viel Hoheitsdenken der anderen Hautfarbe gegenüber in sich, deshalb sehen Sie das so. Es hat niemand etwas gegen eine andere Hautfarbe." Auf den Rassismus-Vorwurf antwortete Winter mit dem Verweis auf Medizin-Nobelpreisträger James Watson. Dieser hatte für Empörung gesorgt, als er sagte, er sei für die Zukunft Afrikas pessimistisch, weil die Politik von der falschen Annahme ausgehe, dass die Afrikaner "genauso intelligent" wären "wie wir". Was dann noch an Angriffen auf die Muslime bekannt wurde, ist international bekannt.
Signifikant ist, dass auch in Graz wie wohl überall die Wahlbeteiligung weiter zurückging. Das dürfte aber die etablierte Politik nicht weiter stören.. Neben der konservativen ÖVP konnten nur die GRÜNEN Stimmen dazu gewinnen.
In einer ersten Reaktion sagte KPÖ-Kandidatin Elke Kahr auf die Frage, warum die Partei ihre Wähler enttäuscht haben dürfte:
"Die KPÖ hat ihre Wähler nicht enttäuscht, weil wir in den letzten fünf Jahren gute Arbeit gemacht haben. Es hat in den letzten Monaten eine Propaganda vor allem von zwei Parteien gegeben, die bewusste Fehlinformation über uns geleistet haben. Es ist durchaus so, dass es uns nicht gelungen ist, unseren Wählerinnen und Wählern in der Öffentlichkeit zu sagen, wie es wirklich ist", so Kahr.
So wie es aussieht, konnte die KPÖ bei dieser Wahl unter schwierigen Bedingungen eine starke Vertretung im Gemeinderat und in der Stadtregierung sichern. Eine Wiederholung des Sensationsergebnisses von 2003 war aber nicht möglich. Wir respektieren diese Entscheidung der WählerInnen und danken allen, die uns die Stimme gegeben haben, für ihr Vertrauen.
Ich hoffe, dass wir auch in Zukunft in Graz auf verantwortungsvolle Weise zu einer sozialen Wohnungspolitik beitragen können.
Es ist beim jetzigen Stand der Auszählung noch zu früh, die politischen Auswirkungen des Ergebnisses der anderen Parteien zu beurteilen. Auf alle Fälle ist es notwendig , für das öffentliche Eigentum und gegen Belastungen der Allgemeinheit einzutreten.
Ernest Kaltenegger der nach dem sensationellen Wahlergebnis bei der Gemeinderatswahl 2003 bei der späteren Landtagswahl in den steirischen Landtag einzog, betonte gegenüber der APA, man werde sich auch in Zukunft engagiert für jene einsetzen, die man auch bisher vertreten habe, Arbeitende, sozial Schwache, Menschen mit Wohnproblemen. Mit Spitzenkandidatin und Wohnungsstadträtin Elke Kahr sah sich Kaltenegger einer Meinung: "Die KPÖ steht für Wohnungspolitik. Das Wohnressort steht nicht zur Disposition."
Diese Wahl zeigt, dass mit rechtsradikalen und aus ausländerfeindlichen Parolen immer mehr Wählerinnen und Wähler beeinflusst werden und sich nicht scheuen jenen Parteien in Graz (FPÖ und BZÖ) ihre Stimme zu geben. Graz in Zeiten des Nationalsozialismus eine braune Hochburg, scheint wieder zu keinem schlechten Ruf zurückzufinden, den diese Stadt hatte in der einstmals ein FPÖ Bürgermeister das Sagen hatte.
Für die Linke, nicht nur in Österreich ist dieses Wahlergebnis eine bittere Niederlagen. Denn in Graz konnten die Kommunisten tatsächlich mit ihrer sozialen Wohnungspolitik einiges bewirken. Auch die tatsache, dass die Mandatarinnen und Mandatare über eine halbe Million ihrer Diäten zur Milderung sozialer Härten spendeten und einsetzen reichte nicht, sich gegen die faschistoiden Popularparolen von BZÖ und FPÖ durchzusetzen.
Hier das endgültige Endergebnis der grazer Gemeinderatswahl 2008:
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Partei | GRGRAZ08 | GRGRAZ03 | Differenz | Stimmen | % | MD * | Stimmen | % | MD * | Stimmen | % | MD * | Gesamt | 104.210 | | | 109.335 | | | | | | Ungültig | 1.661 | | | 1.279 | | | | | | Gültig | 102.549 | | | 108.056 | | | | | | - SPÖ | 20.342 | 19,84% | 12(2) | 27.975 | 25,89% | 15(3) | -7.633 | -6,05% | -3(-1) | - ÖVP | 38.596 | 37,64% | 22(4) | 39.029 | 36,12% | 21(4) | -433 | 1,52% | 1(0) | - KPÖ | 11.715 | 11,42% | 6(1) | 22.425 | 20,75% | 12(2) | -10.710 | -9,33% | -6(-1) | - GRÜNE | 14.934 | 14,56% | 8(1) | 8.930 | 8,26% | 4(0) | 6.004 | 6,30% | 4(1) | - FPÖ | 11.369 | 11,09% | 6(1) | 8.626 | 7,98% | 4(0) | 2.743 | 3,11% | 2(1) | - BZÖ | 4.542 | 4,43% | 2(0) | | | | | | | - Wegscheidler | 215 | 0,21% | 0(0) | | | | | | | - ÖABP | 530 | 0,52% | 0(0) | | | | | | | - SALZ | 208 | 0,20% | 0(0) | | | | | | | - ZPA | 98 | 0,10% | 0(0) | | | | | | | - GVP | | | | 361 | 0,33% | 0(0) | | | | - RWA | | | | 329 | 0,30% | 0(0) | | | | - LIF | | | | 381 | 0,35% | 0(0) | | | |
*) Gemeinderatsmandate(Stadtsenatssitze)
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VON: DIETER BRAEG
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