Kommentar von Edith Bartelmus-Scholich
In Bottrop ist Ratsherr Sahin Aydin aus der Ratsgruppe DIE LINKE ausgetreten. Sein Mandat will er zukünftig als Einzelmandatär ausüben. In seiner Erklärung führt er aus, dass er sich im Kreisverband isoliert fühlt und aus einem Ausschuss zurückgerufen wurde. Der Kreisverband bestreitet dies.
Soweit könnte dies ein Fall wie viele in NRW sein. Seit der letzten Kommunalwahl hat DIE LINKE bereits mehr als ein Drittel ihrer gewählten VertreterInnen in Räten und Kreistagen verloren.
Diskussions- und kritikwürdig ist allerdings das Demokratie- und Mandatsverständnis, welches Sahin Aydin, der dem linken Parteiflügel zugerechnet wird, ausdrückt. Wörtlich heißt es in seiner Erklärung: „Es gab immer stärkere Einmischungen in die Ratsgruppen-Arbeit und für mich kaum noch Möglichkeiten, frei zu arbeiten.“
Offenbar hat Sahin Aydin ein Verständnis von der Arbeit als Mandatsträger, welches sich mit linken Ansprüchen nicht vereinbaren lässt. Ein linker Mandatsträger ist nicht nur seinem Gewissen, sondern vor allem seiner Basis verantwortlich. Er übt sein Mandat nicht „frei“, sondern in enger Abstimmung mit denen, die ihn gewählt haben, aus.
Dies ist zum einen die Parteibasis, die ihn aufgestellt hat. Ihr ist er verantwortlich und seine erste Aufgabe ist es das Wahlprogramm zu vertreten und wenn möglich umzusetzen. Die „Einmischung“ der Parteibasis in die Parlamentsarbeit ist dabei nicht nur zu dulden, sondern zu fordern. Durch die Mitarbeit der Parteibasis soll und wird die parlamentarische Arbeit auf eine breitere demokratische Grundlage gestellt. Selbstverständlich sollte bei strittigen Fragen nicht der einzelne Mandatsträger oder die Fraktion entscheiden, sondern die Parteibasis. Nur in einem solchen demokratischen Prozess, der immer auch ein Lernprozess der ganzen Partei sein wird, werden die Mandatsträger in der Partei wirklich verankert bleiben.
Zum anderen ist der linke Mandatsträger seiner sozialen Basis, seinen WählerInnen verantwortlich. Und in diesem Verhältnis liegt dann auch die einzig denkbare Begründung für Einzelentscheidungen, bei denen ein Mandatsträger nicht dem Votum seiner Parteibasis folgt.
Falls nämlich die Parteibasis sich vom eigenen Programm abwendet oder etwa Entscheidungen trifft, die den Interessen ihrer sozialen Basis entgegenlaufen, ist es legitim als Mandatsträger gegen das Parteivotum und im Interesse der WählerInnen zu entscheiden.
Natürlich bedeutet das nicht, dass im Fall von beliebigen Richtungsstreitigkeiten, Mandatsträger sich verselbständigen dürfen, weil sie z.B. meinen oder sogar richtig feststellen, dass ihre Parteibasis rechtere Entscheidungen trifft als sie selbst. Hier gilt, wer nicht gemeinsam lernen will, die Demokratie und die Parteibasis nicht respektiert, sollte besser kein Mandat übernehmen. Immerhin gibt es in einer linken Partei viele Möglichkeiten freier politisch tätig zu werden als durch Übernahme eines Mandats.
Edith Bartelmus-Scholich, 30.11.13
Leserbrief von Dominikus Schmidt zu: 'Freies Mandat?' - 01-12-13 14:00
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